Schmerzen bei jedem Wimpernschlag: Kampf gegen das Trachom

Weltweit zählt das Trachom zu den zehn häufigsten Ursachen für Blindheit. Die bakterielle Konjunktivitis trifft vor allem arme Menschen in heißen Klimazonen, die in schlechten hygienischen Verhältnissen leben. So auch Dinknesh Wondifraw aus Äthiopien.

© CBM/Hayduk
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Die 38-jährige Kleinbäuerin hat drei Kinder, das älteste ist 21, das jüngste ein Jahr alt. Wondifraws Familie lebt in Faya. Diese Siedlung im Norden Äthiopiens ist nicht viel mehr als eine kleine Ansammlung traditioneller Häuser auf einer Anhöhe in einem sanft abfallenden Tal. Fliegen sind hier allgegenwärtig – und sie bergen eine Gefahr. Sie setzen sich in die Lidwinkel und infizieren dabei die Augen mit einem hochansteckenden Bakterium: Chlamydia Trachomatis, dem Erreger von Trachom, der weltweit häufigsten infektiösen Ursache für Blindheit. Nach WHO-Angaben ist diese chronisch-follikuläre Konjunktivitis für die Erblindung oder Sehbehinderung von etwa 1,9 Millionen Menschen verantwortlich, ca. 137 Millionen Menschen leben in Trachom-Endemiegebieten – Gegenden mit trockenheißem Klima, in denen Armut, hohe Bevölkerungsdichte und Wasserknappheit herrschen. 

Neben Fliegen erfolgt die Übertragung meist durch Schmierinfektion – über Hände, Handtücher, Kleidung oder Bettwäsche. Trachom wird oft zuerst auf Kinder übertragen, die die Erkrankung dann an ihre Mütter weitergegeben.

Die Erkrankung verläuft in vier Stadien. 

  • Nach fünf bis zwölf Tagen Inkubationszeit treten Symptome einer beidseitigen Konjunktivitis mit Fremdkörpergefühl, tränenden Augen und Ausfluss von serösem Sekret auf. 
  • Im zweiten Stadium zeigen sich an der Bindehaut des Oberlides gelbweißliche, wenig erhabene Lymphfollikel. Durch diese Lymphfollikel wirkt die Oberfläche der Bindehaut des Oberlides rau. Außerdem schwillt das Oberlid an. 
  • Dann schmelzen die Lymphfollikel ein und platzen. An ihrer Stelle entstehen nun Narben. 
  • Im vierten Stadium ziehen sich die Narben zusammen, wodurch sie den Rand des Oberlids mitsamt der Wimpern nach innen zum Augapfel ziehen (Trichiasis). Von nun an scheuern die Wimpern an der Hornhaut des Auges – bei jedem Lidschlag und jeder Augenbewegung. Dieses permanente Scheuern ist extrem schmerzhaft und führt zu Verletzungen der Cornea, die sich infizieren und unter Narbenbildung abheilen. Je mehr Narben an der Hornhaut entstehen, desto mehr nimmt die Beeinträchtigung des Sehens zu. Ohne Behandlung erblinden die Betroffenen. 

Trachom-Kontrollprogramm der Christoffel-Blindenmission

Im Anfangsstadium kann die Infektion durch regelmäßiges Waschen des Gesichts und antibiotische Augensalbe verhindert oder geheilt werden. Gegen die Trichiasis hilft eine kleine Lid-Operation. Oft aber wissen die Betroffenen nichts über diese Möglichkeit oder sie können sich den Arztbesuch nicht leisten. Die Christoffel-Blindenmission (CBM) und ihre lokalen Partner haben deshalb das Amhara-Trachom-Kontrollprogramm gestartet: Brunnen werden gegraben und eingefasst, um die Hygiene zu verbessern, Gesundheitshelfer geschult und finanziell unterstützt, Ärzte in die Dörfer geschickt, um den Menschen vor Ort zu helfen und sie über die Krankheit und Hygienemaßnahmen aufzuklären.

Auch Wondifraw kann dank dieses Programms geholfen werden. Sie ist überrascht, als die Gesundheitshelfer in ihrem Dorf sagen, dass die Operation in der örtlichen Gesundheitsstation erfolgen kann – völlig kostenlos. Zunächst wird die Trichiasis an ihrem rechten Auge operiert. 

Dann ist ihr linkes Auge an der Reihe: In der Gesundheitsstation gibt es nur drei Räume: Einer davon ist der Untersuchungsraum. Auf einem der Stühle hat die Chirurgin Zehab Abdurohman ihr steriles Operationsbesteck sorgfältig ausgebreitet. Als Wondifraw in der Klinik eintrifft, steht dem Eingriff nichts mehr im Wege. Die Ärztin bittet sie, sich auf den Untersuchungstisch zu legen und bedeckt ihr Gesicht sorgfältig mit einem sterilen Tuch. Weniger als dreißig Minuten später kann Wondifraw die Klinik verlassen und nach Hause gehen.

Sie wird den Verband über ihrem Auge einen Tag lang tragen und in ein paar Tagen zu einer Kontrolluntersuchung bei den Gesundheitshelfern gehen. CBM-Projektleiter Muluneh Aschale erklärt, dass ein großer Teil des Erfolges im Kampf gegen Trachom den Gesundheitshelfern zu verdanken ist, die sich um die medizinischen Bedürfnisse ihrer Gemeinde kümmern. „Wenn wir so weitermachen, werden wir in der Lage sein, das Trachom zu eliminieren", ist Aschale überzeugt. Programme wie dieses durchbrechen den Kreislauf von Blindheit und Armut, erklärt er. „Ist jemand in der Gemeinde erblindet, braucht er eine andere Person, die ihn führt. Dann können zwei Menschen keine Landwirtschaft betreiben. Sie verarmen und der Kreislauf beginnt von Neuem."

Es ist Samstag, vier Tage nach der Operation. Wondifraws Wimpern kratzen nicht mehr, Jucken und Schmerzen sind verschwunden und das Auge heilt gut. „Ich fühle mich schon besser", sagt sie schüchtern. Wondifraw wirkt zuversichtlich. Sie lächelt und sagt: „Ich bin so dankbar, was für mich getan wurde."

Weitere Informationen zum Kampf der Christoffel-Blindenmission gegen das Trachom finden Sie hier.