oregis: Ein Update zum nationalen Ophthalmologischen Register

Es ist eine der größten Herausforderungen im Gesundheitswesen: Rund 80 Prozent der erfassten Daten bleiben unstrukturiert und ungenutzt. Auch in der Ophthalmologie fehlte bislang eine Datenbank, die fundierte Erkenntnisse zur Verbreitung von Erkrankungen, Wirksamkeit von Therapien und Strukturen der Versorgung liefert. Die DOG initiierte deshalb 2018 oregis, das nationale Ophthalmologische Register. Prof. Nicole Eter über den aktuellen Stand des Projekts.

©Adobe Stock
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„Die Digitalisierung schreitet rasant voran, aber trotzdem haben wir derzeit immer noch keinen Überblick über die Anzahl und Verteilung von Augenerkrankungen in Deutschland“, erklärt Prof. Dr. Nicole Eter, die Sprecherin des Lenkungsausschusses von oregis. „Wir können nicht sagen, wie viele ambulante Operationen welcher Art pro Jahr in der Augenheilkunde durchgeführt werden.“ Zwar nutzen die meisten Praxen eine elektronische Patientenakte und die Krankenhäuser Klinikinformationssysteme, doch werden diese Daten bislang nicht zusammengeführt – obwohl gerade die Augenheilkunde mit einer immer präziser werdenden Bildgebung ideale Voraussetzungen bietet, um Digitalisierung, Vernetzung und Big Data voranzutreiben.

Hier setzt das neue Ophthalmologische Register, kurz oregis, an. Für die Versorgungsforschung, aber auch zur Qualitätssicherung soll es mit Real World Daten die Faktenbasis liefern. oregis sammelt anonymisierte Behandlungsfalldaten aus augenärztlichen Praxen und Kliniken zentral in einer Datenbank. Auf der Basis dieser Daten lassen sich fundierte Analysen und wissenschaftliche Studien durchführen, die dazu beitragen, viele weitere wichtige Fragestellungen zu behandeln.

„Ziel von oregis ist die sekundäre Nutzung von Routinedokumentationen“, führt Prof. Eter aus. „Das Register wird in drei Ausbaustufen wachsen: Zunächst werden Standarddokumentationen übertragen wie z. B. ICD, OPS, Visus, Refraktion oder Augeninnendruck. Dann wenden wir uns den unstrukturierten Daten zu und im dritten Schritt erfolgt das Einpflegen von Bilddaten.“

Pilotgruppe aus neun Zentren

Aktuell sind neun Zentren in der oregis-Pilotgruppe zusammengeschlossen, darunter die Universitätskliniken Göttingen, Münster und des Saarlandes sowie drei Asklepios Kliniken in Hamburg und das Vivantes Klinikum Berlin. Für die Pilotphase der automatisierten Datenübertragung wurden Zentren mit den Praxisverwaltungssystemen Fidus und IFA ausgewählt. Der Anschluss weiterer Zentren steht unmittelbar bevor. Etwa ein Drittel der Praxen in Deutschland, so schätzt die Direktorin der Universitätsaugenklinik Münster, könnten zeitnah angeschlossen werden. 

Konnektoren sorgen für unkomplizierte Datenübertragung

„Das Befüllen von oregis ist für die Praxen überhaupt nicht zeitaufwendig, da es automatisiert abläuft – über Konnektoren zwischen oregis und der Praxissoftware“, konstatiert Prof. Eter. Ziel ist es, möglichst viele Praxen und Kliniken in Deutschland an oregis anzuschließen. Denn mit einer wachsenden Basis werden die oregis-Daten und die daraus abgeleiteten Erkenntnisse zunehmend valider. 

Statistiken für die eigene Praxis

„Den Ärzten, die an oregis angeschlossen sind, stellen wir ein Benchmark zur Verfügung“, erläutert Prof. Eter. „Das heißt, sie können ihre Patientenklientel mit der gesamten Klientel vergleichen, die in oregis registriert ist. Das ist interessant zu schauen, wie die Struktur der Diagnosen aussieht, die sicherlich auch regional unterschiedlich ausfällt. Man wird ein Dashboard haben, an dem man sehr bequem Statistiken für die eigene Praxis entwickeln kann. Und man kann natürlich selbst wissenschaftliche Fragen zu allen Bereichen der Augenheilkunde stellen.“

Bereits jetzt kann man erste Erkenntnisse aus den in oregis gesammelten Daten von aktuell über 300.000 Patienten mit fast 1.400.000 Arztbesuchen gewinnen: „Wir können im Moment aus den Daten sehen, wie sich beispielsweise der Augeninnendruck oder Sehkraft altersabhängig entwickeln. So haben über 80-jährige im Schnitt nur noch eine Sehkraft von ca. 40 Prozent. Wir können sehen, wie stark die mittlere Kurz- oder Weitsichtigkeit ist oder was die häufigsten Operationen sind, die in den Pilotzentren durchgeführt werden.“ 

Nationaler Standard für elektronische Akten

Damit das Register optimal genutzt werden kann, wäre es hilfreich, einen nationalen Standard für elektronische Akten zu etablieren. Dies würde die Akquise der Daten erleichtern und deren Qualität verbessern. Dann könnten die Daten auch mit Hilfe von Deep Learning (DL) analysiert werden. DL ist eine spezielle Methode der Informationsverarbeitung und nutzt künstliche neuronale Netze, um große Datensätze zu bearbeiten. Gerade bei umfangreichen Datenmengen kann DL Zusammenhänge erkennen, die mit einfachen Auswertungen kaum entdeckt würden – etwa bei der Auswertung von Bilddaten im Hinblick auf Biomarker.

Datenschutz hat höchste Priorität

Schutz und die Sicherheit der Patientendaten haben bei oregis höchste Priorität. Alle Daten sind anonymisiert bzw. pseudonymisiert. Die Struktur von oregis stellt sicher, dass ein Rückschluss von Datensätzen auf individuelle Patienten ausgeschlossen ist.

Die Datenübertragungen werden mit einem vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) empfohlenen Verfahren verschlüsselt. Das Datenschutzkonzept von oregis folgt dem klinischen Modul des generischen Datenschutzkonzepts der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung (TMF) e. V. Das Datenschutzkonzept wurde durch das TMF geprüft und oregis erhielt am 1. Februar 2019 dazu ein positives Votum.

Mehr Informationen zu dem Projekt erhalten Sie auf der Website von oregis.