Gates-Stiftung: Millionenförderung für Bekämpfung der Flussblindheit mit KI

Flussblindheit bzw. Onchozerkose zählt zu den sogenannten Big Five, den fünf häufigsten vernachlässigten tropischen Krankheiten, die gemeinsam 90 Prozent der armutsassoziierten Tropenkrankheiten ausmachen. Die Bill & Melinda Gates-Stiftung fördert jetzt ein Projekt der Universität Bonn, das diese Krankheit mit Hilfe Künstlicher Intelligenz bekämpft.

Anschnitte eines weiblichen Wurms / Foto© IMMIP
Anschnitte eines weiblichen Wurms / Foto© IMMIP

Flussblindheit ist vor allem in Afrika verbreitet. Blutsaugende Kriebelmücken nehmen von erkrankten Menschen Wurmlarven auf und verbreiten sie weiter. Daraus entwickeln sich geschlechtsreife Fadenwürmer, die sich als Parasiten im Bindegewebe einnisten und so genannte Mikrofilarien produzieren. Onchozerkose führt bei etwa 10 Prozent der Erkrankten zur unheilbaren Erblindung. Nach Angaben der Christoffel Blindenmission sind weltweit rund 30 Millionen Menschen mit Mikrofilarien infiziert. 

Zur Bekämpfung der Onchozerkose  erhält das Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie der Universität Bonn eine Projektförderung der Bill & Melinda Gates-Stiftung in Höhe von 1,48 Millionen US-Dollar. Zusammen mit der internationalen IT-Beratung Capgemini und der Drugs for Neglected Diseases Initiative (DNDi) in Genf entwickeln die Forscher eine Technologie, bei der mithilfe von KI Schnitte von Wurmknoten im Gewebe maschinell ausgelesen und damit Wirkstofftests standardisiert und deutlich beschleunigt werden.

Die bis zu 30 Zentimeter langen weiblichen Würmer leben meist in Knoten (Onchozerkomen) in der Unterhaut; von im Körper umherwandernden Männchen werden sie befruchtet. In den Onchozerkomen tragen die Weibchen Mikrofilarien aus. “Diesen ganzen Prozess kann man unter dem Mikroskop anhand von histologischen Proben nachweisen”, sagt Prof. Dr. Achim Hörauf, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie (IMMIP) des Universitätsklinikums Bonn (UKB). Die Wirkung neuer Medikamente, die die Würmer in unterschiedlichen Stadien hemmen oder abtöten können, muss deshalb auch anhand histologischer Proben bestätigt werden.

Künstliche Intelligenz ersetzt Untersuchungen “von Hand”

Bislang werden histologische Untersuchungen zur Flussblindheit manuell durchgeführt. “Für die Zulassung neuer Medikamente ist es aber besser, wenn die Qualität der Untersuchung durch Künstliche Intelligenz standardisiert werden kann”, sagt Hörauf. Anhand von Gewebeschnitten, die zuvor von mehreren Experten beurteilt wurden, werden KI-Modelle trainiert und die Genauigkeit der automatischen Auswertung überprüft.

“Der Vorteil Künstlicher Intelligenz ist neben der Standardisierung, dass die automatisierte Auswertung der histologischen Schnittbilder viel schneller geht, als dies händisch möglich wäre. Die Auswertung von klinischen Studien kann so teilweise um Monate verkürzt werden”, sagt Dr. Daniel Kühlwein von dem AI Center of Excellence der IT-Beratung Capgemini, die die Algorithmen entwickelt.

Die Wissenschaftler am UKB hatten bereits einen Seedgrant der Bill & Melinda Gates Foundation erhalten, der die prinzipielle Machbarkeit des Projekts gezeigt hat. Daraufhin hat die Gates-Stiftung die Bonner zur Bewerbung für eine weitere Förderung aufgefordert. “Da bisher noch kein Medikament entwickelt wurde, das die erwachsenen Filarien-Würmer angreift, betreten wir hier Neuland”, sagt Hörauf. Bislang zugelassene Medikamente töten lediglich die Wurmlarven ab. Die Wissenschaftler des IMMIP haben bisher mehrere neue Wirkstoffe zur Behandlung der Flussblindheit entdeckt und waren an der präklinischen Entwicklung dieser Wirkstoffe beteiligt.

Quelle: UKB