Neue Studie: OCT-Scans der Retina zeigen potentiellen Biomarker für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Atherosklerotische Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden häufig übersehen – bis es zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall kommt. Doch ein Blick auf die Netzhaut könnte dies in Zukunft verhindern. Eine gerade im Lancet veröffentlichte Studie legt nahe, dass Läsionen der Retina als Hinweise auf okkulte kardiovaskuläre Erkrankungen dienen könnten.

©jesse orrico / unsplash
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"Eine Ischämie kann zu einer unzureichenden Durchblutung des Auges führen und Zellen in der Netzhaut absterben lassen, was dort zu dauerhaften Veränderungen führt“, erklärt Mathieu Bakhoum vom Shiley Eye Institute an der UC San Diego Health, der Hauptautor der Studie. „Wir bezeichneten diese Läsionen als „Retinal Ischemic Perivascular Lesions" (RIPL) und wollten herausfinden, ob dieser Befund als Biomarker für kardiovaskuläre Erkrankungen dienen könnte", so der Netzhaut-Chirurg. 

Im Rahmen der Studie überprüfte Bakhoums Team die Krankenakten von Personen, deren Retina per OCT untersucht wurde. Aus dieser Kohorte wurden zwei Gruppen gebildet  – 84 Personen mit Herzerkrankungen sowie 76 Gesunde als Kontrollgruppe. Das Ergebnis: In den Augen von Personen mit Herzerkrankungen lässt sich eine erhöhte Anzahl von RIPLs beobachten. Und je höher die Anzahl der RIPLs, desto höher das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Das Risiko einer kardiovaskulären Erkrankung wird in den USA mit dem ASCVD-Risiko-Score-Rechner (Atherosclerotic Cardiovascular Disease) ermittelt. Diese nationale Richtlinie gilt als Goldstandard für die Einschätzung des Risikos, in den nächsten 10 Jahren ein kardiovaskuläres Ereignis wie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Die Studie ergab eine Korrelation zwischen der Anzahl der RIPLs im Auge eines Patienten und seinem ASCVD-Risiko-Score: "Personen mit niedrigen und grenzwertigen ASCVD-Scores hatten eine geringe Anzahl von RIPLs in ihren Augen, doch mit steigendem ASCVD-Risiko stieg auch die Anzahl der RIPLs", erklärt Bakhoum.

Die Augenärzte an der UC San Diego Health erwägen nun, Patienten mit einer erhöhten Zahl von RIPLs kardiologisch abklären zu lassen. Das Forschungsteam hofft,  dass die auf den OCT-Scans der Retina gut sichtbaren RIPLs zukünftig als gängiger ophthalmologischer Biomarker für die Identifizierung potenzieller kardiovaskulärer Erkrankungen anerkannt und in den ASCVD-Risikoscore aufgenommen werden.

Quellen:
Deutsches Ärzteblatt
Pressemitteilung der Universität San Diego
Abstract der Studie