Augenärzte leisten wesentlichen Beitrag zur Sicherstellung der stationären Versorgung in ländlichen Regionen

Das ergibt sich aus einer Studie der Universität Köln.

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„Vertragsärzte leisten als Belegärzte vor allem in ländlichen Regionen Deutschlands einen ganz maßgeblichen Beitrag zur Sicherstellung der stationären Versorgung. Ohne sie würde in immer mehr Fachabteilungen der Kliniken das Licht ausgehen. Die Leidtragenden wären die Patientinnen und Patienten, die immer weitere Wege zum nächsten Krankenhaus auf sich nehmen müssten“, so der Vorstandsvorsitzende des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Dr. Dominik von Stillfried, anlässlich der Veröffentlichung der durch das Zi geförderten Studie „Das Belegarztwesen im sektorenübergreifenden Wettbewerb: Versorgungsspektrum, Interdependenzen und Versorgungs-unterschiede“[1]. Verfasst wurde das Gutachten am Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft der Universität Köln.

Insgesamt weist die Studie einen starken Rückgang der Belegabteilungen in deutschen Krankenhäusern aus. Zwischen 2012 und 2017 sank die Zahl der in den strukturierten Qualitätsberichten dokumentierten Belegabteilungen von 1.403 auf 1.201.

Speziell für die Augenheilkunde lässt sich festhalten, dass die Anzahl der Belegabteilungen um 20 sank (2012: 165, 2013: 157, 2014: 157, 2015: 149, 2016: 146, 2017: 145), während die Zahl der Hauptabteilungen zwischen 2012 und 2017 fast konstant blieb (2012: 114, 2013: 117, 2014: 117, 2015: 118, 2016: 116, 2017: 115).

Dieser Rückgang kann jedoch nicht zwangsläufig mit einer Substitution der Versorgungsstrukturen in Hauptabteilungen oder in nicht bettenführenden Abteilungen erklärt werden.

Konkurrenz durch andere Versorgungsformen

Insbesondere in der Augenheilkunde spielt der Trend zur Ambulantisierung, der sich dadurch fortsetzt, dass zunehmend mehr Behandlungen keines Krankenhausaufenthalts mehr bedürfen, eine große Rolle: „Hier scheinen Zentren für ambulante Operationen, Medizinische Versorgungszentren sowie Gemeinschafts‐ und Großpraxen die Belegabteilungen unter Druck zu setzen.“[2]

Bei Betrachtung der Verbreitung belegärztlicher Abteilungen auf der Ebene der Stadt- und Landkreise fällt auf, dass in den belegärztlich häufig tätigen Fachgebieten, wie der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde sowie der Augenheilkunde, Belegabteilungen nicht selten alleiniger stationärer Versorger im Kreis sind. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es 294 Landkreise und 107 kreisfreie Städte. Im Jahr 2017 war in 111 kreisfreien Städten bzw. Landkreisen die stationäre ophthalmologische Versorgung ausschließlich durch Belegabteilungen gesichert – gut 28 Prozent! Wobei es in 209 kreisfreien Städten bzw. Landkreisen weder eine Haupt- noch eine Belegabteilung gab und in 82 die Versorgung durch eine Hauptabteilung bzw. eine Haupt- und eine Belegabteilung sichergestellt wurde.

 

Somit tragen Belegärzte in einigen Fachgebieten noch maßgeblich zum Erhalt der stationären Versorgung bei, insbesondere in Bayern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz mit anteilig 16 bis 20 Prozent über alle Fachdisziplinen.

Die Betrachtung des Versorgungsspektrums von Belegabteilungen in Form der am häufigsten durchgeführten stationären Prozeduren und der zehn am häufigsten angegebenen Versorgungsschwerpunkte lässt den Schluss zu, dass sich Haupt- und Belegabteilungen dahingehend nicht stark unterscheiden. In allen belegärztlich häufig vertretenen Fachgebieten werden ähnliche Prozeduren und ähnliche Versorgungsschwerpunkte angegeben. Dennoch decken Hauptabteilungen insgesamt ein größeres Versorgungsspektrum ab, als Belegabteilungen.

Bessere Vergütung dringend nötig

Laut Dr. Dominik von Stillfried führen „unattraktive finanzielle Rahmenbedingungen dazu, dass es für Vertragsärzte wenig reizvoll ist, belegärztlich tätig zu sein“. Dies wird im KBV-Gutachten zur belegärztlichen Versorgung so bestätigt: „Belegärzte, Ärzteverbände und KVen bemängeln […] übereinstimmend, dass die belegärztliche Tätigkeit nicht ausreichend vergütet werde. Durch die Anwesenheit im Krankenhaus könnten weniger Patienten in der Praxis versorgt und abgerechnet werden. Das sei durch die EBM‐Ziffern für belegärztliche Leistungen nicht zu kompensieren. Das EBM‐Kapitel 36 enthalte zu wenige Ziffern und entbehre neuer Methoden. Punktzahlen und Vergütungshöhe seien niedriger als bei Kapitel 31. Als Augenarzt bekomme man für dieselben Leistungen in der belegärztlichen Tätigkeit 40% bis 50% weniger vergütet, als wenn man ambulant operierte.“[3] Stillfried fordert deshalb, dass „das belegärztliche System dringend durch eine umfassende Vergütungsreform abgesichert werden“ muss.

Die belegärztlichen Leistungen werden derzeit aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung vergütet (§ 121 Abs. 3 SGB V), das Krankenhaus wiederum rechnet gesonderte belegärztliche Fallpauschalen für die nichtärztlichen Leistungen ab (§ 18 Abs. 2 KHEntgG). Doch trotz möglicher Vorteile einer nahtlosen Versorgung über die sektoralen Grenzen hinweg, sowie der möglichen Deckung des zukünftig steigenden regionalen Versorgungsbedarfs, bestehen seitens der Krankenhäuser kaum (monetäre) Anreize zum Erhalt oder der Förderung belegärztlicher Abteilungen. Die abnehmenden Fallzahlen in Belegabteilungen und die Abnahme der Belegärzte insgesamt in den letzten Jahren bestätigen dies.

 

[1] Den Endbericht im Volltext können Sie unter folgendem Link herunterladen: https://www.zi.de/fileadmin/images/content/Gutachten/zi-gutachten-belegarztwesen-endbericht.pdf

[2] Belegärztliche Versorgung:  Historie, Entwicklungsdeterminanten und Weiterentwicklungsoptionen Abschlussbericht eines Gutachtens im Auftrag der KBV (Stand: 19.06.2019), online unter https://www.kbv.de/media/sp/Gutachten_Belegaerztliche_Versorgung.pdf

[3] Vgl. Fußnote 1.