So lassen sich Rückfragen der Apotheker bei Arzneimittelverordnungen minimieren

Die neuen Regelungen seit dem 01.07.2019 führen häufig zu Rückfragen seitens der Apotheker. So lassen sich die lästigen Rückfragen vermeiden.

So lassen sich Rückfragen der Apotheker bei Arzneimittelverordnungen minimieren

von RAin, Apothekerin Isabel Kuhlen, Vellmar, www.kanzlei-kuhlen.de

Die Regelungen im neuen Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung, der seit dem 01.07.2019 gilt, führen häufig dazu, dass Apotheker bei Verordnungen mit dem Arzt Rücksprache halten müssen. Um diese Rückfragen zu minimieren und gleichzeitig dem Vorwurf unwirtschaftlicher Verordnungen zu entgehen, sollten Ärzte statt der namentlichen Verordnung von Arzneimitteln Wirkstoffverordnungen ausstellen.

Verordnung des Arztes legt Spielraum des Apothekers fest

Mit der Verordnung bestimmt der Arzt nach dem neuen Rahmenvertrag ganz erheblich den Spielraum des Apothekers, bei der Arzneimittel-Abgabe selbstständig ein möglichst günstiges Arzneimittel zu wählen. Ursache hierfür die Einführung des sogenannten „Preisankers“. Der Preisanker sorgt dafür, dass der Apotheker bei der Wahl eines Generikums oder eines Importarzneimittels ohne Rücksprache kein teureres Arzneimittel als das vom Arzt verordnete abgeben darf. Durch die konkrete Verordnung kann der Arzt also die Wahrscheinlichkeit steuern, ob eine Rücksprache erfolgen muss.

Apotheker muss Rangfolge beachten

Der Apotheker ist durch § 129 SGB V grundsätzlich zur Abgabe von preisgünstigen Arzneimitteln verpflichtet. Der neue Rahmenvertrag gibt hier eine klare Rangfolge vor, nach der die Arzneimittel abzugeben sind.

Zunächst muss vorrangig immer ein Rabattarzneimittel abgegeben werden, sofern der Arzt das Aut-idem-Feld nicht angekreuzt hat. Ist die Abgabe eines Rabattarzneimittels nicht möglich, weil es keine Rabattarzneimittel gibt oder diese aktuell nicht auf dem Markt verfügbar sind, so ist das Preisgefüge auf dem generischen Markt bzw. dem importrelevanten Markt zu berücksichtigen.

Preisanker im generischen Markt

Im Rahmen des generischen Marktes muss ausgewählt werden, soweit es neben dem namentlich verordneten Arzneimittel weitere generische Arzneimittel gibt, welche die Substitutionsvorgaben des § 129 SGB V (gleicher Wirkstoff, identische Wirkstoffe, identische Packungsgröße, gleiche oder austauschbare Darreichungsform und Zulassung für mindestens ein gleiches Anwendungsgebiet) erfüllen. Der Apotheker ist insoweit verpflichtet, das verordnete Arzneimittel durch eines der vier preisgünstigsten auszutauschen. Ein weniger preisgünstiges Generikum darf nur abgegeben werden, wenn keines der vier preisgünstigsten verfügbar ist.

Zusätzlich kommt hier der Preisanker ins Spiel: Der Apotheker darf kein Arzneimittel abgeben, das teurer ist als das vom Arzt verordnete. Je kostengünstiger das verordnete Generikum daher ist, desto geringer die Auswahl der Arzneimittel, die ohne Rücksprache abgegeben werden dürfen.

 

 

Preisanker im importrelevanten Markt

Gleiches gilt für den importrelevanten Markt: Dieser Bereich ist betroffen, wenn es zu einem Fertigarzneimittel keine Rabattverträge und keine Generika gibt. Der Apotheker ist dann zur Abgabe eines günstigen Imports angehalten, soweit ein solcher existiert. Preisgünstig ist ein Import nach der Definition des Rahmenvertrags, wenn er

  • bei einem Abgabepreis bis 100 Euro mindestens 15 Prozent,
  • bei einem Abgabepreis von 100 bis 300 Euro mindestens 15 Euro oder
  • bei einem Abgabepreis über 300 Euro mindestens 5 Prozent günstiger ist als das Original.

Auch im importrelevanten Markt wird – analog zum generischen Markt – bei der Verordnung des Arztes ein Preisanker gesetzt.

Lieferschwierigkeiten als Problemfall

Auch wenn diese Vorgehensweisen sehr kostensparend klingen, so führen sie doch in der Praxis dazu, dass häufige Rückfragen vorprogrammiert sind, weil derzeit zahlreiche Fertigarzneimittel zwar gelistet, tatsächlich aber nicht lieferbar sind. Eine Verordnung wird daher immer dann zum Problemfall, wenn bis zum Preis des verordneten Arzneimittels keines verfügbar ist.

Fazit: Um ständige Preisdiskussionen mit den Apothekern zu vermeiden, empfiehlt es sich daher für Ärzte, statt der namentlichen Verordnung von Arzneimitteln künftig Wirkstoffverordnungen vorzunehmen. Durch die Regelungen des Rahmenvertrags ist der Apotheker in jedem Fall verpflichtet, – soweit verfügbar – ein kostengünstiges Generikum bzw. einen kostengünstigen Import abzugeben. Unwirtschaftliche Verordnungen können bei einer reinen Wirkstoffverordnung im Hinblick auf Generika von den Prüfgremien nicht zulasten des Arztes geltend gemacht werden.