Femtosekundenlaserbehandlung: Die Privaten und die Kostenerstattung

Immer wieder werden private Krankenversicherungen zur Kostenerstattung verurteilt – lernen tun sie daraus scheinbar nicht

Femtosekundenlaserbehandlung: Die Privaten und die Kostenerstattung

von Rechtsanwalt Philip Christmann, Fachanwalt für Medizinrecht, Berlin/Heidelberg, christmann-law.de

Der Einsatz des Femtosekundenlasers stellt eine medizinisch notwendige Heilbehandlungsmaßnahme bei Grauem Star dar. Rechnet der Augenarzt dafür die Nr. 5855 GOÄ analog ab, so ist dies nicht zu beanstanden und von der privaten Krankenversicherung des Patienten zu bezahlen (Amtsgericht Dortmund, Urteil vom 26.03.2019, Az. 423 C 1565/18).

Der Fall

Der Kläger ist bei der beklagten Krankenversicherung privat krankenversichert. Er litt an einem Katarakt beider Augen und ließ sich an zwei Terminen von einem niedergelassenen Augenchirurgen operieren. Bei der Operation kam ein Femtosekundenlaser zum Einsatz. Die Augenchirurgen berechneten ihm für die Operationen einen Betrag in Höhe von 2.828,81 Euro und von 2.863,99 Euro. Für den Einsatz des Femtosekundenlasers brachten die Augenchirurgen in den Rechnungen die Nr. 5855 GOÄ analog in Ansatz. Nachdem die Versicherung die Zahlung der Nr. 5855 GOÄ analog aus vielerlei Gründen abgelehnt hatte und sich lediglich bereit erklärte, die Nr. 441 GOÄ zu begleichen, erhob der Patient Klage auf Zahlung.

Die Entscheidung

Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Einsatz des Femtosekundenlasers eine medizinisch notwendige Heilbehandlungsmaßnahme darstellt. Die Versicherung kann auch nicht damit gehört werden, der Einsatz des Femtosekundenlasers sei keine eigenständige Leistung, sondern Teil einer anderen Zielleistung. Insoweit hat die vom Gericht beauftragte Sachverständige ausgeführt, dass der Einsatz eines Femtosekundenlasers eine eigene Operationstechnik darstellt, die die spätere Entfernung der Linse aus dem Auge, die extrakapsuläre Operation des Grauen Stars, erleichtert. Die Sachverständige konnte ferner ausführen, dass die Operationstechnik mit dem Femtosekundenlaser der konventionellen Katarakt-Operationstechnik überlegen ist.

Ebenso ist der Ansatz der Nr. 5855 GOÄ analog nicht zu beanstanden. Für den Einsatz eines Femtosekundenlasers ist als eigenständige Leistung die Nr. 5855 analog und nicht die Nr. 441 GOÄ heranzuziehen. Dies haben bereits andere Gerichte so entschieden:

  • Landgericht Köln, Urteil vom 28.02.2018, Az. 23 0 159/15;
  • Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 11.06.2018, Az. 5 K 5126/16;
  • OLG Köln, Urteil vom 24.07.2013, Az. 5 U 43/11;
  • Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 03.02.2017, Az. 5 K 950/16;
  • Verwaltungsgericht München, Urteil vom 08.12.2016, Az. M 17 K 16.483;
  • Landgericht Dortmund, 2 O 201/16; Az. 2 S 252/14 u. 2 S 35/18.

 

Praxisanmerkung

Die Taktik der privaten Krankenversicherungen ist meist dieselbe: Die versicherungsvertraglich geschuldete Leistung (Zahlung auch der GOÄ-Gebühren nach Nr. 5855 analog für die Augenlaserbehandlung) wird nicht bezahlt. Dafür gibt die Versicherung in seitenlangen Schreiben mannigfaltige Gründe an. Dass eine Vielzahl von Amtsgerichten und Verwaltungsgerichten  bestätigten, dass die Leistungen zu bezahlen sind, lassen die Versicherungen „unter den Tisch fallen". Im Übrigen wird das Verfahren auch gern verschleppt. Wenn der Versicherte dann klagt, gibt ihm das Gericht Recht. Die Versicherung versucht dann manchmal noch, einen Vergleich zu schließen, um ein weiteres unangenehmes Urteil zu verhindern. Berufungen werden selten eingelegt.

Das Verhalten der Versicherungen ist schlicht rechtsmissbräuchlich. Denn sie wissen, dass sie zur Zahlung verpflichtet sind, hoffen aber darauf, dass viele Versicherte den Gang zum Gericht scheuen. Es ist davon auszugehen, dass tatsächlich die Mehrzahl der Versicherten nicht klagt. Insofern „lohnt" sich das Vorgehen für die Versicherung.

Der betroffene Augenarzt sollte den Patienten, die eine solche Leistungsablehnung erhalten haben, die Krankenunterlagen in Kopie zur Verfügung stellen und ihnen zur Klage raten, da nach Erfahrung des Verfassers außergerichtliche Verhandlungen mit den Versicherungen regelmäßig zu nichts führen.