Stammzelltherapie: Neuer Ansatz zur IOD-Senkung bei Glaukom
Die regenerative Medizin rückt zunehmend auch in der Glaukomforschung in den Fokus. Eine aktuelle präklinische Studie aus den USA zeigt nun einen vielversprechenden neuen Therapieansatz: die magnetisch gesteuerte Applikation mesenchymaler Stammzellen in das Trabekelwerk.
Im Zentrum der multizentrischen Studie, an der u. a. das Safa Research Lab an der University of South Florida und das Ethier Lab am Georgia Institute of Technology waren, stehen aus menschlichem Fettgewebe gewonnene mesenchymale Stammzellen (human adipose-derived mesenchymal stem cells, hAMSCs). Diese Zellen sind im Fettgewebe reichlich vorhanden und lassen sich vergleichsweise einfach durch minimalinvasive Verfahren gewinnen. Zudem gelten sie als immunologisch gut verträglich, was sie auch für allogene Anwendungen interessant macht.
Gezielte Zelllenkung durch Magnetfelder
In dem untersuchten Verfahren werden die Stammzellen im Labor mit biokompatiblen, magnetischen Nanopartikeln markiert. Nach Injektion in die Vorderkammer des Auges werden sie mithilfe eines extern angelegten Magnetfeldes gezielt in den Kammerwinkel gelenkt und dort im Bereich des Trabekelwerks angereichert. Dieses Vorgehen soll sicherstellen, dass die Zellen tatsächlich den gewünschten Wirkort erreichen – ein entscheidender Vorteil gegenüber herkömmlichen Zellapplikationen.
Deutliche und anhaltende Drucksenkung im Tiermodell
In einem Mausmodell für Glaukom führte bereits eine einmalige Gabe von nur 1.500 magnetisch gesteuerten hAMSCs zu einer Senkung des Augeninnendrucks um rund 27 % (ca. 4,5 mmHg). Bemerkenswert ist vor allem die Dauerhaftigkeit des Effekts, der über einen Zeitraum von bis zu neun Monaten nachweisbar war. Die Drucksenkung ging mit einem verbesserten Abfluss über den konventionellen Abflussweg und einer erhöhten Zelldichte im Trabekelwerk einher.
Zum Vergleich wurden auch aus induzierten pluripotenten Stammzellen abgeleitete Trabekelwerk-Zellen (Induced pluripotent stem cell-derived trabecular meshwork cells /iPSC-TM cells) getestet. Diese zeigten zwar ebenfalls einen drucksenkenden Effekt, allerdings deutlich schwächer und mit einem erhöhten Tumorrisiko.
Wirkmechanismus vermutlich parakrin
Die transplantierten Stammzellen waren noch mehrere Wochen nach der Injektion im Kammerwinkel nachweisbar. Nach Einschätzung der Autoren beruht der therapeutische Effekt auf parakrinen Signalmechanismen. Darunter versteht man die Freisetzung biologisch aktiver Botenstoffe durch die Stammzellen, die in diesem Fall benachbarte Trabekelwerkzellen funktionell beeinflussen.
Perspektive für zukünftige Glaukomtherapien
Die Ergebnisse dieser vom National Eye Institute (NEI) unterstützten Studie deuten darauf hin, dass die magnetisch gesteuerte Stammzelltherapie das Potenzial hat, über die reine medikamentöse oder chirurgische Drucksenkung hinauszugehen und pathophysiologische Prozesse auf zellulärer Ebene zu adressieren. Der Ansatz eröffnet eine neue Perspektive für langfristige, regenerative Behandlungsstrategien bei okulärer Hypertension und Glaukom.
Bahranifard MR, Chan J, Read AT, Li G, Cheng L, Safa BN, Siadat SM, Jhunjhunwala A, Grossniklaus HE, Emelianov SY, Stamer WD, Kuehn MH, Ethier CR. Magnetically steered cell therapy for reduction of intraocular pressure as a treatment strategy for open-angle glaucoma. Elife. 2025 Jul 7;13:RP103256. doi: 10.7554/eLife.103256. PMID: 40622256; PMCID: PMC12234007.