Lilly steigt in den Bereich Netzhaut-Therapien ein
Mit der Übernahme von Adverum Biotechnologies markiert Eli Lilly and Company den Einstieg in einen Bereich, den viele große Pharmaunternehmen vor Jahren verlassen hatten. Adverums Schlüsselentwicklung ist Ixo-vec, eine Gentherapie zur Behandlung der feuchten altersbedingten Makuladegeneration. Zusätzlich schließt Lilly eine Lizenzvereinbarung mit MeiraGTx ab, um die weltweiten Exklusivrechte an einer Gentherapie für die Lebersche kongenitale Amaurose Typ 4 (LCA4) zu erwerben.
In den vergangenen Jahren sind sechs große Akteure in das Segment der Augen- bzw. Netzhauterkrankungen vorgestoßen – dazu zählen Astellas Pharma (Übernahme von Iveric Bio), Merck (Übernahme von EyeBio), Boehringer Ingelheim, Sanofi, Amgen (mit eigenem Aflibercept-Biosimilar) und nun auch Lilly.
Diese Entwicklung ist bemerkenswert, wenn man berücksichtigt, dass
- Pfizer sich bereits 2004 aus der Augenheilkunde zurückgezogen hat (Verkauf des chirurgischen Augengeschäfts an AMO),
- Merck sich um 2014 aus diesem Bereich verabschiedete (Veräußerung von Vermögenswerten an Santen),
- und Novartis 2019 Alcon ausgegliedert und sich aus der Augenheilkunde zurückgezogen hat.
Der Markt für Netzhauterkrankungen hat ein jährliches Volumen von über 20 Milliarden US-Dollar – mit weiterhin starkem Wachstum. Die meisten Blockbuster-Präparate in der Augenheilkunde (Eylea, Vabysmo, Lucentis) sind Biologika, die gezielt die Netzhaut adressieren. Jetzt kehren die großen Pharmaunternehmen zurück – auf der Suche nach langanhaltenden, hochwirksamen Therapien, für die weiterhin ein hoher ungedeckter Bedarf besteht.
Transformative One and Done Therapie
Mit der Übernahme von Adverum erweitert Lilly sein Portfolio im Bereich der Genmedizin. Ixo-vec, der führende Produktkandidat von Adverum, ist eine Gentherapie zur Behandlung von Sehverlust bei feuchter altersbedingter Makuladegeneration. Die Therapie ist darauf ausgelegt, mit nur einer einzigen intravitrealen Injektion zu wirken und wird als „transformative One and Done™“-Lösung bezeichnet. Aktuell befindet sich Ixo-vec in der klinischen Phase-3-Studie ARTEMIS, das Patientenscreening ist bereits abgeschlossen.
Einmalige intravitreale Injektion in der Augenarztpraxis
Im Unterschied zu anderen ophthalmologischen Gentherapien, die operativ subretinal verabreicht werden müssen, ist Ixo-vec für die einmalige intravitreale Injektion in der Arztpraxis konzipiert. Sie soll eine langfristige Wirksamkeit bieten, die Belastung durch häufige Anti-VEGF-Injektionen verringern, die Therapietreue der Patienten optimieren und kann die Sehergebnisse bei feuchter AMD verbessern. Aufgrund des hohen medizinischen Bedarfs für neue Therapiemöglichkeiten hat die FDA Ixo-vec sowohl den „Fast Track“-Status als auch die Einstufung als „Regenerative Medicine Advanced Therapy“ (RMAT) verliehen. Darüber hinaus erhielt Ixo-vec den PRIME-Status von der EMA sowie den Innovation Passport der britischen Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency.
Zudem schloss Lilly mit MeiraGTx eine Lizenzvereinbarung ab, um die weltweiten Exklusivrechte an AAV-AIPL1 zu erwerben, einer in der klinischen Erprobung befindlichen Gentherapie für die Lebersche kongenitale Amaurose Typ 4 (LCA4). Laut MeiraGTx zeigten die ersten klinischen Ergebnisse einer Studie mit 11 Kindern unter 4 Jahren, die alle aufgrund von AIPL1-Mutationen als blind geboren wurden, sehr ermutigende Ergebnisse: Bei Allen kam es zu messbaren Verbesserungen des Sehvermögens. Zusätzlich erhält Lilly exklusiven Zugang zu den Gentherapie-Plattformtechnologien von MeiraGTx für die Augenheilkunde, darunter neuartige intravitreale Kapside für eine verbesserte Genübertragung in die Netzhaut sowie KI-generierte, zellspezifische Promotoren zur Verbesserung der gezielten Genexpression.