Innovationen. Orientierung. Nachhaltigkeit: DOC-Präsident Dr. Armin Scharrer im Interview
Der DOC-Kongress gehört seit jeher zu den Leitveranstaltungen für operierende Augenärzte. In seiner 37. Auflage präsentiert er ein spannendes Programm: Kongress-Präsident Dr. Armin Scharrer spricht über Fortschritte in der Hornhautchirurgie, aktuelle Kontroversen, Nachhaltigkeitsstrategien in der Ophthalmochirurgie und seine gesundheitspolitischen Forderungen an die neue Bundesregierung.

Herr Dr. Scharrer, warum lohnt sich die Teilnahme am Internationalen Kongress der Deutschen Ophthalmochirurgie auch für konservativ tätige Augenärzte?
Dr. Armin Scharrer: Die Übergänge zwischen einem vorwiegend konservativ tätigen Augenarzt und einem Ophthalmochirurgen sind fließend. Indikationsstellung zur Operation und postoperative Nachbehandlung sind sowohl für den konservativ tätigen Augenarzt wie für den Operateur gleichermaßen von Bedeutung. Auch der überwiegend konservativ tätige Augenarzt betreibt Augenchirurgie, indem er in der Regel verschiedene Formen der Laserchirurgie und auch der Lidchirurgie durchführt.
Einer großen Beliebtheit erfreut sich das von Dr. Gernot Petzold perfekt zusammengestellte und organisierte “Seminar für die Praxis des Augenarztes“, das am Freitag von 12.00-17.30 Uhr und Samstag von 08.30-14.05 Uhr während des DOC Kongresses stattfindet.
Welche spannenden Entwicklungen beobachten Sie aktuell in der Entwicklung von Intraokularlinsen und in der refraktiven Therapie?
Im Bereich der refraktiven Chirurgie ist das sog. Femto-CAIRS Verfahren von besonderer Bedeutung. Hier werden mit einem Femtosekundenlaser präzise Hornhautsegmente zugeschnitten, die dann platziert werden. Die Vorteile von CAIRS gegenüber synthetischen intrastromalen Ringsegmenten sind die bessere Verträglichkeit und geringere Abstoßungsreaktionen.
Auch im Bereich der Intraokularlinsentechnologie gibt es beachtliche Fortschritte, sowohl bei EDOF-Linsen als auch bei Multifokallinsen.
Angesichts der rasant wachsenden Auswahl an Premium- und Sonderlinsen, die den Markt zunehmend unübersichtlich erscheinen lässt: Wie unterstützt der Kongress die Orientierung in diesem Bereich?
Eine Vielzahl von Vorträgen und Referaten befasst sich mit den Ergebnissen nach Implantation von neuen Premium- und Sonderlinsen. Grundsätzlich müssen bei Innovationen Vor- und Nachteile der Neuentwicklungen differenziert und kritisch betrachtet werden. Nur so kann eine seriöse Empfehlung für den praktischen Alltag erfolgen.
Auch die Therapiemöglichkeiten beim Glaukom werden immer vielfältiger. Was können die Teilnehmer in Nürnberg bezüglich des aktuellen Standes der Glaukomtherapie erwarten?
Neben den neuen Lasertechniken, neben SLT auch DSLT und der bildgeführten Femtosekundenlaser-Hochpräzisionstrabekulotomie (FLigHT) wird eine neue, interessante Entwicklung ausführlich dargestellt – immer häufiger werden kombinierte Katarakt/Glaukomoperationen durchgeführt, mit sehr guten Ergebnissen.
Welche Neuerungen im Bereich der Hornhautchirurgie werden auf dem Kongress präsentiert?
Eine wichtige Innovation in der Hornhautchirurgie ist das bereits erwähnte Femto-CAIRS Verfahren. Hier haben wir mit David Gunn aus Australien einen der führenden Experten eingeladen. Das Femto-CAIRS Verfahren ist im Mittelpunkt des Interesses, da es außerordentliche Vorteile – Präzision und geringere Komplikationen – gegenüber den traditionellen Verfahren bietet.
Welche Rolle spielen Künstliche Intelligenz und Robotik auf der Veranstaltung?
Das Symposium „KI in Augenchirurgie und Augenheilkunde“ ist eines der Highlights der DOC 2025. Neben Fachvorträgen zu den Themen KI-Anwendung in der Glaukomdiagnostik, KI bei der Beurteilung von OCT-Befunden, KI bei AMD – die Indikationsstellung zur IVOM, Vorhersage der AMD-Entwicklung durch KI und KI-Einsatz bei retinalen Erkrankungen bietet dieses Symposium auch eine Key Note Lecture, die Carsten Grohmann aus Hamburg präsentieren wird: „Künstliche Intelligenz – wie funktioniert das eigentlich?“.
Im Diagnostikbereich, besonders bei bildgebenden Verfahren, kann die KI jetzt schon eine wertvolle Hilfestellung leisten. Die Entscheidung, welche Therapie wo und wie angewendet wird, bleibt immer zwingend in ärztlicher Hand.
Welche Operationstechniken werden im Rahmen der Video Live Surgery demonstriert?
In der Video Live Surgery am Donnerstag Nachmittag (15. Mai 2025) werden folgende Operationen gezeigt:
CAIRS – a paradigm shift in the management of corneal ectasia (David Gunn, Woolloongabba, Australien),
Intraoperative angiography (Lukan Mishev, Sofia, Bulgarien),
Tiefe Dekompression der lateralen Orbitawand (Ganna Lysenko, Stuttgart) und
Femto-Cat-OP mit Monofokal plus IOL und antiastigmatische Keratotomie mit dem Femtosekundenlaser (Alireza Mirshahi, Bonn).
Am Freitag kommt das Video Live Surgery Festival aus der Augenklinik Herzog Carl Theodor (München):
Dakryozystorhinostomie (Operation nach Toti) – Ulrich Schaller
Anteriore Levatorverlagerung bei kontaktlinsen-induzierter Ptosis – Ortrun Gündisch
DMEK – Martin Grüterich
Trabekulektomie (TET) – Thomas Klink
Pars plana Vitrektomie und Peeling bei epimakulärer Gliose – Christos Haritoglou
Sekundäre irisgestützte Hinterkammerlinse – Maximilian Schultheiß.
Die „Pro & Contra-Diskussionen“ gehören zu den prägenden DOC-Veranstaltungen. Zu welchen Themen besteht in diesem Jahr besonderer Diskussionsbedarf?
In der Hauptsitzung Glaukom: „Kataraktchirurgie alleine ist ausreichend oder Kataraktchirurgie immer kombiniert mit Kammerwinkel-Chirurgie?“.
Die aktuelle Kontroverse im Bereich Glaukom lautet „Was ist besser, das subchoroidale Implantat oder das Drainage-Implantat?“
In der Hauptsitzung Kataraktchirurgie setzt sich die aktuelle Kontroverse mit der Frage auseinander „Profitieren AMD-Patienten von Mehrstärken-Linsen – ja oder nein?“
In der Hauptsitzung Hornhautchirurgie wird die Frage diskutiert „Penetrierende KPL und Katarakt – simultan oder sequentiell operieren?“
Im Bereich Refraktive Chirurgie geht es um „Laser vs. phake IOL – pro & contra“.
In der Hauptsitzung Retina hat die Kontroverse das Thema „Die primäre Therapie der postoperativen Endophthalmitis - was ist besser? Vitrektomie mit Antibiose oder ist Intravitreale Antibiose ausreichend?"
Mit der Initiative DOC goes green engagiert sich der Kongress für mehr Nachhaltigkeit. Wie beurteilen Sie den Stellenwert dieses Themas in der Augenchirurgie und wird der Kongress Strategien vorstellen, wie Augenkliniken ihren ökologischen Fußabdruck verringern können?
Das Thema Nachhaltigkeit ist fester Bestandteil des DOC-Kongresses geworden. Es gewinnt immer mehr an Bedeutung und muss im Zentrum unseres Denkens und Handels stehen.
Das Symposium „Nachhaltigkeit in der Augenchirurgie – was müssen wir jetzt tun?“ erfreut sich großer Nachfrage. Folgende Themen werden uns in diesem Symposium beschäftigen: „Nachhaltiges Bauen (Kliniken – Praxen – Privathäuser)“, hier wird Prof. Eric Brehm, zusammen mit Dr. Josef Wolff, Heppenheim, referieren. Das zweite Referat ist zum Thema „Ressourceneinsatz in der Kataraktchirurgie – weniger Müll geht immer!“, Referent Prof. Christopher Wirbelauer, Berlin.
Dr. Redmer van Leeuwen, Utrecht berichtet in einer Key note Lecture über „Green initiatives in ophthalmology in the Netherlands“. Die Perspektive der Industrie wird beleuchtet von Thomas Bosshard bei dem Referat „Nachhaltigkeit in der Augenchirurgie – was kann und muss die Industrie tun?“ und Dr. Josef Wolff spricht zu dem Thema „Better tomorrow - wieviel Plastik brauchen wir?“.
Wie wird sich die augenärztliche Versorgung in Deutschland Ihrer Meinung nach entwickeln – in einer alternden Gesellschaft, in der dementsprechend die altersbedingten Augenkrankheiten rapide zunehmen und in der gleichzeitig die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen?
Die in Ihrer Frage angesprochene Problematik ist evident. Um den Herausforderungen zu begegnen, werden wir unsere Man- und Womanpower erweitern müssen.
Das Delegieren von Leistungen bzw. Teilbereichen von Leistungen wird ein möglicher Lösungsansatz sein.
Das Symposium „Ein neuer Beruf – der Physician Assistant (PA)“ befasst sich mit dieser Thematik. In diesem Symposium werden Voraussetzungen, Studium, praktische Ausbildung und klinische Praxis, Abschluss und Berufsbefugnisse und Berufsperspektiven des PA ausführlich behandelt. Medizinrechtliche Aspekte der Tätigkeit von PAs inkl. Delegation, Abrechnung, welche Tätigkeiten unter Arztvorbehalt und welche Auswirkungen auf Honorare werden intensiv diskutiert.
Welche gesundheitspolitischen Entscheidungen wünschen Sie sich von der neuen Bundesregierung?
Einige Punkte liegen mir sehr am Herzen, so wünsche ich mir für uns Augenärzte
- eine faire Anpassung der Honorare in einer aktuellen GOÄ, die die massiven Kostensteigerungen sowohl bei Sach- und Material-, als auch bei Personalkosten in den letzten Jahrzehnten berücksichtigt
- Schutz der Freiheit der praktizierenden Ärzte, auch vor Angriffen der GKV. Wir wollen definitiv nicht, dass die GKV einen Teil der Termine für die niedergelassenen Ärzte vergibt.
- eine komplette Endbudgetierung aller Fachärzte, ohne floatenden Punktwert und
- keine Zwangsdigitalisierung, dafür eine funktionelle und funktionierende IT für uns Ärzte, die sich aufgrund überlegener Qualität im Markt durchsetzt.
37. Internationaler Kongress der Deutschen Ophthalmochirurgie (DOC)
15. - 17. Mai
NürnbergConvention Center, NCC Ost
Interview: Achim Drucks