Innovatives In-vitro-Modellsystem für Retinoblastom-Forschung
Ein Forschungsteam der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und des Universitätsklinikums Essen hat ein neues Zellkultur-Modell entwickelt, mit dem das Zusammenspiel zwischen Tumorzellen und dem Tumorumfeld bei Retinoblastomen besser untersucht werden kann.

Das Retinoblastom (RB) ist eine seltene maligne Neoplasie der Netzhaut. Es tritt vor allem im Kindesalter auf und zählt zu den dysontogenetischen Tumoren. RB entstehen durch ein abnormes und unkontrolliertes Wachstum von Retinoblasten, retinalen Vorläuferzellen.
Mit jährlich etwa 60 Neuerkrankungen ist das RB der häufigste bösartige Tumor des Augeninneren bei Kindern. Weltweit erkranken jedes Jahr über 8000 Babys und Kleinkinder daran.
Mit dem neuen Modell möchten die Forscher:innen neue augenerhaltende Therapien voranbringen und die Behandlungsmöglichkeiten für Kinder mit RB nachhaltig verbessern. Das neue Zell-Modell wurde kürzlich in der Fachzeitschrift Cell Death & Disease vorgestellt.
Das Retinoblastom wurde lange Zeit durch die vollständige Entfernung des Auges behandelt. In den letzten Jahren haben sich jedoch Therapien etabliert, die darauf abzielen, das betroffene Auge zu erhalten. „Dafür ist ein detailliertes Verständnis der Tumorbiologie und Untersuchungen zum Einfluss des Tumorumfelds entscheidend“, erklärt Prof. Dr. Maike Busch, Wissenschaftlerin in der Abteilung Neuroanatomie am Institut für Anatomie II des Universitätsklinikums Essen.
Die Erforschung der intratumoralen Unterschiede und der RB-Tumormikroumgebung (TMU), die die Tumorbildung und Metastasierung reguliert, ist also von entscheidender Bedeutung. Wie RB-Zellen und ihre TMU an der Tumorentwicklung beteiligt sind, kann mithilfe von In-vitro-Modellen, die RB-Stromazellen enthalten, aufgeklärt werden.
Für das neue Untersuchungsmodell wurden Primärzellen aus RB-Tumoren und deren umgebendem Gewebe isoliert, die sich nun dauerhaft im Labor vermehren lassen. Dann erfolgten genetische Vergleiche zwischen den verschiedenen Zelltypen und schließlich der Aufbau eines dreidimensionalen Modells. „Dieses 3D-Modell ermöglicht es uns, genauer zu untersuchen, wie Immunzellen, Gliazellen und krebsassoziierte Fibroblasten aus der Umgebung des Tumors das Wachstum und die Aggressivität der Tumorzellen beeinflussen“, so die Autor:innen.
Prof. Dr. Maike Busch mit Doktorandin Emily Alefeld. Bild: privat, UDE/UK Essen
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Forschenden ein In-vitro-Modellsystem etabliert haben, um die Interaktion von RB-Tumorzellen mit ihrem TME zu untersuchen. Die Ergebnisse tragen zu einem besseren Verständnis der Beziehung zwischen der Bösartigkeit von RB-Tumoren und ihrem TME bei und werden die Entwicklung wirksamer Behandlungsoptionen für augenerhaltende Therapien erleichtern.
Quelle: Universitätsklinikum Essen
Originalpublikation: In vitro model of retinoblastoma derived tumor and stromal cells for tumor microenvironment (TME) studies