Medizinische Universität Innsbruck: Augenlider aus dem 3D-Drucker

Eine Tiroler Forschungsallianz arbeitet aktuell an der Herstellung von möglichst realitätsnahen Augenlidern aus dem 3D-Drucker. Diese und zukünftig auch weitere Organmodelle sollen die Ausbildungsmöglichkeiten von medizinischem Fachpersonal verbessern.

Bild: Standortagentur Tirol
Bild: Standortagentur Tirol

Körperspenden bilden derzeit die wichtigste Basis für die medizinisch-anatomische Ausbildung. Doch bereits seit knapp zehn Jahren werden auch künstliche Augen des Tiroler Unternehmens Eyecre weltweit zu Schulungszwecken eingesetzt. Jetzt arbeitet man an der Produktion künstlicher Augenlider. Im ersten Schritt wird das menschliche Lid im Detail analysiert, um es im Anschluss im 3D-Drucker realitätsnah in Haptik und Materialeigenschaften nachzubauen. 

Die Medizinische Universität Innsbruck leitet das Projekt und ist vor allem für die Bereitstellung und Aufbereitung der gespendeten Augenlider verantwortlich. Marko Konschake, Direktor des Instituts für Klinisch-Funktionelle Anatomie der Medizinischen Universität Innsbruck, fasst zusammen: „Wir entnehmen Gewebe aus Körperspenden – in diesem Fall Augenlider – die im zweiten Schritt in allen Schichten analysiert werden. Anschließend werden mit den gewonnenen Erkenntnissen digitale Daten generiert, damit die Lider letztendlich möglichst realitätsnah und detailgetreu gedruckt werden können. Unser Ziel ist es, medizinisches Fachpersonal bestmöglich auf ihren Arbeitseinsatz am menschlichen Körper vorzubereiten. Und nachdem Körperspenden ein rares Gut sind, könnten 3D gedruckte Modelle die medizinisch-anatomische Ausbildung additiv erweitern und somit auch die zukünftige PatientInnenversorgung verbessern.“

3-D-Modelle gezielt in der chirurgischen Ausbildung einsetzen

Wolfgang Prodinger, Vizerektor für Lehre und Studienangelegenheiten der Medizinischen Universität Innsbruck, hebt die Bedeutung für die Ausbildung der Studierenden hervor: „Mit diesem Projekt wollen wir ein Verfahren entwickeln, das auf den ganzen Körper – das heißt alle Gewebe und Organe – angewendet werden kann. Die künstliche Herstellung ermöglicht es, beispielsweise bestimmte Krankheitsbilder, wie ein Gerstenkorn künstlich zu erzeugen und das 3D-Modell dann gezielt in der chirurgischen Ausbildung einzusetzen.“

Das Unternehmen Eyecre beschäftigt sich seit mehreren Jahren erfolgreich mit der Entwicklung und Produktion von realitätsnahen künstlichen Augen für Schulungs- und Entwicklungszwecke und exportiert diese weltweit. David Ortner, Gründer und Geschäftsführer, kann gemeinsam mit seinem Team viel Erfahrungswissen in das laufende Projekt beisteuern: „Wir können bei der Entwicklung von künstlichen Augenlidern auf bewährte Analyseverfahren zurückgreifen. Wir gehen davon aus, dass ca. 400 Materialmischungen notwendig sein werden, um die Lider so realitätsnah wie möglich zu drucken.“

Operationen am Augenlid sind anspruchsvoll, weil auf engem Raum und sehr nahe am Augapfel operiert wird. Deshalb ist es hilfreich, solche Eingriffe häufig üben zu können. Dies würden die künstlichen Lider problemlos ermöglichen.

Studierende demonstrieren, wie die Modelle eingesetzt werden. Bild: Standortagentur Tirol

Die Modelle bestehen aus einem harten Augapfel, über den sich das aus weichem Kunststoff bestehende Augenlid aus dem 3D-Drucker spannt. In das künstliche Gewebe wird sogar Flüssigkeit eingebettet, die Blut simuliert. Und auch anatomische Strukturen wie die Augenbändchen, die die Lider „straff“ halten, werden abgebildet. 

Das Projekt ist aktuell auf zwei Jahre ausgelegt. Bis dahin haben die ForscherInnen vor, ein nahezu perfektes anatomisches Modell des Augenlids und des umliegenden Gewebes zu entwickeln. Darin könnten nach Bedarf auch verschiedene pathologische Veränderungen wie Gersten- und Hagelkörner oder auch Tumore eingebettet werden. Der Druck eines solchen Modells nimmt maximal eine Stunde in Anspruch und auch die Kosten sind überschaubar. 

Das Projekt-Team wird angeführt von der Medizinischen Universität Innsbruck, ergänzt vom Management Center Innsbruck sowie den Clustermitgliedern der Standortagentur Tirol, Eyecre.at GmbH und Addion GmbH und wird vom Land Tirol mit knapp 116.000 Euro unterstützt.

Quelle: Medizinische Universität Innsbruck