Glaukom: DFG fördert Studie zum Elektrostimulationsverfahren an der Universitätsmedizin Göttingen

Im Rahmen der VIRON-Studie wird ein transorbitales Elektrostimulationsverfahren bei Patient*innen mit manifesten Gesichtsfelddefekten aufgrund eines Primären Offenwinkelglaukoms untersucht. Ziel ist es, die bestehenden Gesichtsfelddefekte zu verkleinern und somit das Sehvermögen der Patient*innen zu verbessern. Die multizentrische Studie ist im Juli 2023 gestartet und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 1,5 Millionen Euro für drei Jahre gefördert.

Francisco Bengoa / Flickr
Francisco Bengoa / Flickr

Prof. Dr. Michael Schittkowski, Bereichsleiter Strabologie, Neuroophthalmologie und okuloplastische Chirurgie in der Klinik für Augenheilkunde der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), und Prof. Dr. Andrea Antal, Leiterin der Arbeitsgruppe „Noninvasive Brain Stimulation Lab“ in der Klinik für Neurologie der UMG, untersuchen in der Studie eine neue Methode zur Behandlung des Glaukoms mittels Elektrostimulation. „Bei der transkraniellen Elektrostimulation (tES) handelt es sich um ein Verfahren, bei dem ein schwacher Wechselstrom durch die Kopfhaut und den Schädel (transkraniell) fließt und die Erregbarkeit der Nervenzellen beeinflusst“, so Prof. Dr. Antal. „Im Rahmen dieser Studie soll untersucht werden, inwieweit sich die Aktivität des Sehnervs durch die Stimulation kurzfristig verändert.“ Ziel ist es, die eingetretenen Gesichtsfelddefekte zu verkleinern und das Sehvermögen der Patient*innen mit deutlich erkennbarem Glaukomschaden zu verbessern. 

Prof. Dr. Michael Schittkowski, Bereichsleiter Strabologie, Neuroophthalmologie und okuloplastische Chirurgie, Klinik für Augenheilkunde, UMG. Bild: privat Prof. Dr. Andrea Antal, Leiterin der Arbeitsgruppe „Noninvasive Brain Stimulation Lab“, Klinik für Neurologie, UMG. Bild: umg/fskimmel

„Da die Senkung des Augeninnendrucks bis heute die einzige therapeutische Möglichkeit ist, das Fortschreiten der Glaukomerkrankung zu verlangsamen, und ein einmal vorhandener Glaukomschaden weder durch Medikamente noch durch einen operativen Eingriff umkehrbar ist, wird deutlich, dass neue Therapieansätze dringend notwendig sind“, sagt Prof. Dr. Michael Schittkowski.

Die Elektrostimulationsbehandlung wurde bereits in mehreren Studien angewandt, um das Restsehen bei einem beschädigten Sehnerv wieder herzustellen. Die Behandlung führte im Vergleich zur Scheinbehandlung zu einer bis zu zwei Monate nach Stimulationsbehandlung anhaltenden signifikanten Gesichtsfeldverbesserung und reduzierte die von den Patient*innen berichteten Beeinträchtigungen des täglichen Lebens.

Die genaue Wirkungsweise der Elektrostimulation ist weiterhin ungeklärt. Zu den Erklärungsansätzen zählt die Förderung von Überleben und Regeneration retinaler Zellen. Als zugrundeliegende Mechanismen werden biochemische Prozesse wie die Freisetzung neurotropher Faktoren und eine erhöhte Durchblutung der Ader- und Netzhaut diskutiert. Neurotrophe Faktoren sind Botenstoffe, die der Entwicklung und Regeneration von Nervenzellen dienen.

Erste Patient*innen konnten bereits erfolgreich in die VIRON-Studie aufgenommen werden. Insgesamt ist eine Behandlung von 300 Patientinnen und Patienten an den Universitätskliniken Bonn, Göttingen, Hamburg, Köln und Mainz vorgesehen.

Quelle / Mehr Informationen
Universitätsmedizin Göttingen
Klinik für Augenheilkunde der Universitätsmedizin Göttingen
Deutsches Register Klinischer Studien: Transorbitale elektrische Stimulation zur Verbesserung der visuellen Funktion bei Patientinnen und Patienten mit signifikanter Optikusatrophie aufgrund eines Primären Offenwinkelglaukoms