Neuer therapeutischer Ansatz bei degenerativen Erkrankungen des Gehirns und Auges

US-Wissenschaftler unter der Leitung von Prof. Nicolas Bazan haben einen neuen Mechanismus identifiziert, der ein für das Zellüberleben wichtiges Protein reguliert. Er scheint vor übermäßigem oxidativem Stress zu schützen.

Nicolas G. Bazan, M.D., Ph.D. Bild: Darryl Schmitt for LSU Health New Orleans Neuroscience Center of Excellence
Nicolas G. Bazan, M.D., Ph.D. Bild: Darryl Schmitt for LSU Health New Orleans Neuroscience Center of Excellence

Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Nature, Cell Death & Disease veröffentlicht.

„Diese Entdeckung geht über die üblicherweise untersuchte Modulation der Transkription hinaus und deutet darauf hin, dass sie einen Einfluss auf den Schutz vor mit oxidativem Stress zusammenhängenden Erkrankungen hat“, erklärt Nicolas Bazan, der zu den weltweit führenden Neurowissenschaftler zählt. Er ist u. a. Gründungsdirektor des Neuroscience Center of Excellence der Louisiana State University in New Orleans und Außerordentlicher Professor für Neurowissenschaften am Karolinska Institutet in Stockholm. „Wir fanden heraus, dass Elovanoid-34 die Aktivität des Proteins TXNRD1 moduliert, das eine zentrale Rolle bei der Initiierungskaskade des oxidativen Stresses spielt.“

Elovanoid-34 gehört zu einer im Bazan-Labor entdeckten Klasse von Molekülen im Gehirn, die die Zell-zu-Zell-Kommunikation und die Neuroinflammations-Immunaktivität als Reaktion auf Verletzungen oder Krankheiten synchronisieren. Elovanoide sind bioaktive chemische Botenstoffe, die aus sehr langkettigen, mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren bestehen. Sie werden bei Bedarf freigesetzt, wenn Zellen geschädigt oder gestresst sind. Oxidativer Stress kann zu Zell- und Gewebeschäden und dem Ausbruch von Krankheiten führen.

Das Forscherteam, dem auch Wissenschaftler der Schweizer Firma Biognosys AG angehörten, identifizierte die von Elavanoid-34 beeinflussten Proteine. Mithilfe der Proteomanalyse untersuchten sie 130.000 Proteinsequenzen, die 4.749 Proteinen entsprechen, und entdeckten, dass nur ein einziges bei Kontakt mit Elovanoid-34 seine Struktur veränderte, nämlich TXNRD1.

Die Forscher fanden heraus, dass TXNRD1 ein entscheidender Bestandteil von Glutathion ist. Dieses Tripeptid aus den Aminosäuren Glutaminsäure, Cystein und Glycin fungiert als wichtiges Antioxidans. Es schützt Zellen vor oxidativem Stress und spielt in zahlreichen Stoffwechselprozessen eine Rolle. Außerdem zielt TXNRD1 auf einen Regulator der Ferroptose, eine eisenabhängige Form des programmierten Zelltods, ab. Dies ist insbesondere bei der altersbedingten Makuladegeneration der Fall, bei der das retinale Pigmentepithel übermäßigem oxidativen Stress ausgesetzt sind. Die Zellen des retinalen Pigmentepithels (RPE ) können durch Elovanoid-34 vor dem Absterben gerettet werden, wodurch die Neurodegeneration der Netzhaut und die Erblindung gestoppt werden. In der aktuellen Studie werden menschliche RPE-Zellen verwendet, die im Bazan-Labor gezüchtet wurden.

„Diese bahnbrechende Entdeckung eröffnet neue therapeutische Wege für verschiedene Pathologien des Nervensystems“, so Dr. Bazan.

„Zugleich eröffnet sie eine neue Dimension des Verständnisses des komplexen, multifaktoriellen Alterungsprozesses“, fügt Dr. Bazan hinzu. „Der allmähliche Rückgang der Funktionen im Alter geht mit übermäßigem oxidativem Stress einher, der durch Begleiterkrankungen wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen noch verstärkt wird.  In der Tat zeigt die aktuelle Entdeckung einen klaren Zusammenhang auf, da Elovanoide auch auf die neuronale Seneszenz und die epigenetische Signalgebung abzielen. Insgesamt eröffnet das jetzt entdeckte Protein, das das Gehirn und die Netzhaut – und wahrscheinlich auch andere Organe – durch Elovanoide schützt, Möglichkeiten für gezielte Therapeutika gegen altersbedingte Krankheiten.“

Quelle: Louisiana State University Health Sciences Center

Zur Publikation: Elovanoid-N34 modulates TXNRD1 key in protection against oxidative stress-related diseases