National Eye Institute zu zerebralen visuellen Wahrnehmungsstörungen

Das US-amerikanische National Eye Institute veranstalteten seinen ersten Workshop zum Thema zerebrale visuelle Wahrnehmungsstörungen (CVI). In der interdisziplinären Veranstaltung ging es um Sehstörungen, die vor allem aus Schädigungen während der Entwickelung des kindlichen Gehirns resultieren. Durch CVI kommt es zu Fehlfunktionen bei der Verarbeitung und Integration von visuellen Reizen, was die visuellen, kognitiven und motorischen Leistungen der Betroffenen beeinträchtigt.

Pixabay
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Im Fokus der Veranstaltung standen die Festlegung von CVI-Diagnosekriterien, die Stärkung des Bewusstseins für CVI und die Einrichtung eines Registers, das die Erforschung der zerebralen Sehstörung erleichtern soll. 

Die unterschiedlichen Symptome von CVI haben die Bemühungen um eine Definition der Krankheit, die Aufstellung von Diagnosekriterien und die Entwicklung einer Behandlung erschwert. CVI beeinträchtigt die Sehverarbeitung im Gehirn in einer Weise, die sich nicht vollständig durch Probleme in den Augen erklären lässt. Das bedeutet sehr oft: Auffälligkeiten im visuellen Verhalten bei unauffälligem Augenbefund.

CVI kann sich als visuelle Defizite höherer Ordnung manifestieren, wie z. B. die Unfähigkeit, bekannte Objekte wie ein vertrautes Spielzeug zu erkennen. Sie kann sich auch in Form von visuellen Defiziten niedrigerer Ordnung äußern, wie z. B. einer verminderten Kontrastempfindlichkeit und einem eingeschränkten Sichtfeld, Sakkaden oder Schwierigkeiten beim Verfolgen sich bewegender Objekte.

Während des Workshops wurde eine Arbeitsdefinition für CVI erarbeitet: „CVI ist ein Spektrum von Sehbehinderungen, die durch eine zugrunde liegende strukturelle und/oder funktionelle Anomalie des Gehirns verursacht werden, die die Entwicklung der Sehfunktion und -verarbeitung beeinträchtigt. Funktionales Sehen bezieht sich auf die Fähigkeit einer Person, mit der komplexen visuellen Welt um sie herum zu interagieren und ihr einen Sinn zu geben.“ 

Der Workshop befasste sich mit aktuellen Strategien zur Diagnose von CVI und der Notwendigkeit, evidenzbasierte, altersgerechte Tests und Interventionsprotokolle für CVI zu entwickeln und zu validieren.

Die Gruppe diskutierte darüber, wie das Bewusstsein für CVI gestärkt werden kann, da CVI unterschätzt und falsch diagnostiziert wird. Die Ergebnisse einer Augenuntersuchung bei einer Person mit CVI können völlig unauffällig sein. Das führt dazu, dass medizinische Fachkräfte die visuellen Symptome mit Verhaltensstörungen in Verbindung bringen. CVI wird auch oft von komorbiden neurologischen Störungen wie zerebraler Lähmung oder kognitiver Verzögerung überschattet, was eine genaue Diagnose weiter erschweren kann.  

„Obwohl CVI mit anderen neurologischen Entwicklungsstörungen komorbid sein kann, ist CVI nicht in erster Linie eine Störung der Sprache, des Lernens oder der sozialen Kommunikation“, heißt es in den Kriterienentwürfen.  

Die Teilnehmer wiesen auf die Notwendigkeit von Schulungsprogrammen für Gesundheitsdienstleister zum Thema CVI, die Förderung verfügbarer CVI-Screening-Tools und die Unterstützung von Aufklärungskampagnen hin. 

Das Feedback aus dem Workshop wird in die Entwicklung eines CVI-Registers einfließen, das das NEI aufbauen will. In Zukunft sollen Methoden zur Teilnehmerrekrutierung und Forschungsprotokolle für das Register festgelegt werden. Eine Möglichkeit ist die Verwendung einer international einheitlichen Systematik zur Erfassung und Klassifizierung der Erkrankung. Damit würde das CVI-Register Daten von Teilnehmern aus verschiedenen Registern miteinander verbinden, um Erkrankungen zu identifizieren, die sich häufig mit CVI überschneiden. Darüber hinaus könnte das CVI-Register die Teilnehmer über einen längeren Zeitraum verfolgen, um den natürlichen Verlauf und epidemiologische Trends zu untersuchen.

„Um diese Forschungen voranzutreiben, ist ein multidisziplinärer Ansatz erforderlich, an dem Augenärzte, Kinderärzte, Neurologen, Bildgebungsexperten, Beschäftigungstherapeuten und Pädagogen beteiligt sind“, sagte Dr. Michael F. Chiang, Direktor der NEI. „Insgesamt brauchen wir ein viel besseres Verständnis der neuronalen Grundlagen von CVI, um eine Grundlage für neue Therapien zu schaffen.“

Quelle: NEI

Video des Workshops CVI: Roadmap to Consensus and Building Awareness

NHI: Cerebral Visual Impairment (CVI)

Weitere Informationen:

Diagnostik und Therapie elementarer und komplexer visueller Wahrnehmungsstörungen nach Hirnschädigung

Teil 1: Visus, Kontrastsehen, Adaptation, Stereopsis, Fusion

Teil 2: Homonyme Gesichtsfeldausfälle, Visueller Neglect, Balint-Holmes-Syndrom