Rekordniveau: 3.475 Menschen spendeten in 2023 Gewebe

Die Gewebespende ist in Deutschland weiter auf Erfolgskurs: Insgesamt 50.576 Spendermeldungen und 9.379 Aufklärungsgespräche führten im vergangenen Jahr zu 3.475 Gewebespenden. Damit verzeichnet die Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) einen Anstieg um 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das am meisten gespendete Gewebe ist die Augenhornhaut: 3.352 Menschen spendeten dieses Gewebe nach dem Tod.

Hornhauttransplantat nach der Prozessierung. Bild: DGFG
Hornhauttransplantat nach der Prozessierung. Bild: DGFG

Rund 87 Prozent der Gewebespenden wurden unabhängig von der Organspende bei Herz-Kreislauf-Verstorbenen realisiert. 

5.003 Patient:innen mit einer Augenhornhaut versorgt

Dank der hohen Spendenbereitschaft und einer Zustimmungsquote von knapp 41 Prozent war die DGFG in der Lage, 7.503 Patient:innen mit einem Gewebetransplantat zu versorgen, davon 5.003 mit einer Augenhornhaut und 197 mit einer Herzklappe.

Ein Highlight des vergangenen Jahres war die Eröffnung und Inbetriebnahme der Gewebebank Stuttgart am Katharinenhospital. Zu den Herausforderungen im neuen Jahr zählen der weitere Ausbau der Gewebespende bei Herz-Kreislauf-Verstorbenen sowie die Implementierung des Organspende-Registers im Spendeprozess. Sobald das Register zur Entscheidungsdokumentation im ersten Quartal 2024 seinen Betrieb aufnimmt, sind Abfragen aus dem Register für alle Spendeeinrichtungen in der Organ- und Gewebespende verpflichtend. Immer mehr Kliniken engagieren sich aktiv in der Gewebespende und schließen sich dem Netzwerk der DGFG an. 

Neue Gewebebank Stuttgart wird Versorgungssituation weiter verbessern

Die positive Entwicklung der Spendezahlen erfordert einen Ausbau der Kapazitäten in der Aufbereitung von Geweben. Denn der Bedarf an Spendergewebe ist weiterhin hoch: Die Vermittlungsstelle der DGFG bearbeitete über 6.800 Anträge für eine Spenderhornhaut. 5.003 Hornhauttransplantate konnte sie schließlich erfolgreich vermitteln. Vor diesem Hintergrund eröffnete die DGFG mit dem Klinikum Stuttgart am Katharinenhospital eine neue Gewebebank. Die Gewebebank in Stuttgart ist das Ergebnis einer erfolgreichen Gemeinschaftsarbeit, die nach vielen Jahren intensiver Planung im Mai letzten Jahres auf die Zielgerade gebracht werden konnte. Derzeit noch auf Augenhornhäute ausgerichtet, wird dort langfristig auch die Aufbereitung anderer Gewebespenden, wie Herzklappen, Blutgefäße und Amnionmembranen, möglich sein. Die moderne Gewebebank ist die einzige im Großraum Stuttgart und wird die Versorgung von Patient:innen mit Gewebe sowohl in Baden-Württemberg als auch bundesweit verbessern.

Vermehrtes Interesse an der Anwendung von Amnion in der Wundversorgung 

Die Amnionmembran, die innerste Schicht der Plazenta, wird in der Ophthalmologie bei schlecht heilenden Erkrankungen der Augenoberfläche, wie Hornhautgeschwüren, rezidivierenden Erosionen und in der akuten Behandlung von Verbrennungen und Verätzungen der Augenoberfläche angewendet. Die wundheilungsfördernde Wirkung der Amnionmembran beruht zum einen auf der Ausschüttung von Wachstumsfaktoren, zum anderen wirkt sie wie ein Verband, wenn sie auf der Augenoberfläche aufgebracht wird. Bei den Spenderinnen für Amnionmembranstransplantate handelt es sich um gesunde Frauen, die ihr Kind durch einen Kaiserschnitt bekommen haben und zuvor nach einer Aufklärung der Eihautspende zugestimmt haben. 

Präparation der Amnionmembran: Abziehen der Eihaut von der Plazenta. Bild: DGFG

Dass die Amnionmembran auch außerhalb der Augenheilkunde eine wertvolle Behandlungsoption in der Wundversorgung darstellt, belegen die gestiegenen Anfragen bei der DGFG im vergangenen Jahr. Zwölfmal setzten Mediziner:innen die Amnionmembran ein, um bei Patient:innen einen Wundverschluss zu erzielen. Das Plazentagewebe kann bei schweren Wundheilungsstörungen aller Art und als Hautersatz bei Verbrennungen eingesetzt werden. Dabei zeichnet sich Amnion durch besonders wundheilungsfördernde und schmerzreduzierende Eigenschaften aus. Die DGFG erwartet in 2024 weiter steigende Anfragen für das Gewebe. Insgesamt konnte die DGFG im letzten Jahr 2.193 Amniontransplantate abgeben, darunter 2.181 in die Augenheilkunde.

Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG)

Die DGFG fördert seit 1997 die Gewebespende und -transplantation in Deutschland. Auf Basis des Gewebegesetzes von 2007 sind alle Tätigkeiten und Ablaufprozesse der Gewebespende gesetzlich geregelt. Für alle Gewebezubereitungen gilt das Handelsverbot. Die DGFG vermittelt ihre Transplantate über eine zentrale Vermittlungsstelle mit einer bundesweiten Warteliste. Jede medizinische Einrichtung in Deutschland kann Gewebe von der DGFG beziehen. Als unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft wird die DGFG ausschließlich von öffentlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens getragen: Gesellschafter sind das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, das Universitätsklinikum Leipzig, die Medizinische Hochschule Hannover, die Universitätsmedizin Rostock sowie das Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg. Die DGFG ist in ihrer Aufbaustruktur, der Freiwilligkeit der Unterstützung durch die Netzwerkpartner:innen und ihrer Unabhängigkeit von privaten oder kommerziellen Interessen einzigartig in Deutschland.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG)