Demodex Blepharitis: FDA-Zulassung für neuartige Augentropfen

Ursache einer chronischen, therapierefraktären Entzündung im Bereich der Augenlider kann ein Befall mit Demodex-Milben sein. Die gängigen Therapien lindern vor allem die Symptome. In den USA hat die FDA jetzt Augentropfen zugelassen, welche die Milben abtöten.

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Demodex-Milben zählen zu den häufigsten Ektoparasiten des Menschen. Es treten zwei verschiedene Arten auf: Demodex folliculorum (Haarbalgmilben) und Demodex brevis (Talgdrüsenmilben). In den Augenlidern bevölkert D. folliculorum die Wimpernfollikel, während D. brevis tief in die Talgdrüsen und die Meibom-Drüsen eindringt, was zu einer Meibomdrüsen-Dysfunktion und einer verminderten Tränenfilmproduktion führen kann. 

Die Infektionsrate steigt mit dem Alter an: Bei 60-Jährigen liegt sie bei 84 % der Bevölkerung, ab 70 Jahren ist so gut wie jeder Mensch von den 150 bis 350 Mikrometer großen Ektoparasiten befallen. Normalerweise sind sie harmlos, können bei verstärktem Befall aber auch Krankheiten auslösen – etwa Rosazea, Pityriasis folliculorum, periorale Dermatitis und eben auch Blepharitis.

Risikofaktor Wimpernverlängerung

Außerdem könnte ein kosmetischer Trend die Vermehrung von Demodex-Milben vor allem bei Teenagern und jüngeren Frauen begünstigen. Bei Wimpernverlängerungen  wird an jeder natürlichen Wimper jeweils eine künstliche Wimper angeklebt. Daraus scheinen ideale Bedingungen für die Parasiten zu resultieren, denn Ablagerungen auf den Lidern fördern die Vermehrung der Milben. Dazu kommt eine reduzierte Lidrandhygiene: Da die künstlichen Wimpern durch Reibung schneller abfallen und eine kosmetische Behandlung nicht ganz billig ist, werden Wimpern und Augenregion nach einer Wimpernverlängerung häufig kaum oder nur unzureichend gereinigt. Öle und Klebstoffe, die beim Anbringen der Wimpern verwendet werden, können zusätzlich die Ausführungsgänge der Meibomdrüsen verstopfen, was ebenfalls zu Beschwerden und zum trockenen Auge führen kann.

Das Problem an der Wurzel packen

Therapiert wird die Demodex Blepharitis bislang vor allem mit einer konsequenten Lidhygiene in Kombination mit entzündungshemmenden Mitteln, Teebaumöl-Präparaten und Intense-pulsed-light-Therapie (IPL). Doch jetzt packt ein neuer Ansatz das Problem direkt an der Wurzel: Die von Tarsus Pharmaceuticals entwickelten Augentropfen XDEMVY™ töten die Ektoparasiten ab. Es handelt sich um das erste von der FDA zugelassene Medikament, das direkt gegen die Milben wirkt.

Die Augentropfen enthalten eine 0,25-prozentige Lösung von Lotilaner, einem antiparasitären Wirkstoff aus der Gruppe der Isoxazoline, der bislang in der Tiermedizin eingesetzt wird. Seine Effekte beruhen auf der Hemmung der GABA-gesteuerten Chloridkanäle, was zu einer unkontrollierten neuromuskulären Aktivität und zum raschen Tod der Demodex-Milben führt. Der potenzielle Markt für das neue Medikament ist groß: Tarsus spricht von 25 Millionen US-Amerikanern, die von einer Demodex Blepharitis betroffen seien. XDEMVY™ wird voraussichtlich ab Ende August 2023 in den USA auf Rezept erhältlich sein.

Die FDA-Zulassung basiert auf den Ergebnissen von zwei randomisierten, multizentrischen, doppel-maskierten, kontrollierten Studien (Saturn-1 und Saturn-2), in denen die Sicherheit und Wirksamkeit der Augentropfen bei 833 Patienten untersucht wurde. Die Wirksamkeit wurde durch eine signifikante Verbesserung der Augenlider bis zum Tag 43 nachgewiesen, wobei bei einigen Patienten bereits nach zwei Wochen eine Verbesserung eintrat. In den klinischen Studien war das Medikament im Allgemeinen sicher und gut verträglich. Die häufigsten in den Studien beobachteten okulären Nebenwirkungen waren Stechen und Brennen an der Instillationsstelle, das bei 10 % der Patienten auftrat. Weitere Nebenwirkungen am Auge, die bei weniger als 2 % der Patienten auftraten, waren Chalazion/Hordeolum und punktförmige Keratitis.

Wichtigstes Indiz: Colaretten

Liegt eine chronische, therapierefraktäre Entzündung im Bereich der Augenlider vor, mit Rötung und Verkrustung des Lidrandes und Verlust von Wimpern, sollte ein Demodex-Befall in Betracht gezogen werden. Wichtigstes Indiz sind sogenannte Colaretten oder auch Sleevs: weißliche, wachsartige Ablagerungen, die einzelne Wimpern umhüllen – vor allem im Bereich des Wimperngrunds. Colaretten lassen sich am besten auf dem Oberlid begutachten, wenn die Patienten bei einer Spaltlampenuntersuchung nach unten schauen.

Wimpern, die von den Milben befallen sind, können leicht epiliert werden und sind sehr spröde. Bei einem Verdacht auf Demodex werden zwei bis vier Wimpern pro Augenlid bei 100 bis 200-facher Vergrößerung unter dem Mikroskop betrachtet. Mit einer Zugabe von Fluorescein und Alkohol lassen sich die Milben besser erkennen. Der Alkohol animiert sie, sich zu bewegen.

Demodex tragen über mechanische, chemische und bakterielle Mechanismen zu einer Blepharitis bei. Sie reizen die Epithelzellen und legen ihre Eier in den Follikeln ab, was zu gestörtem Wimpernwachstum, Madarosis und Reizungen führt. Außerdem scheiden die Milben bei der Nahrungsaufnahme Verdauungsenzyme und nach ihrem Tod Abfallstoffe aus, was zu Entzündungen, Hyperämie, Reizungen und Epithelhyperplasie führt. Und schließlich verursachen Bakterien, die auf dem Körper oder im Darm der Milben leben, wie etwa Bacillus oleronius, eine Entzündung des umliegenden Augengewebes. Wenn die Milben überhandnehmen, bilden sich aus ihren Ausscheidungen und Eiern die typischen Colaretten am Wimpernansatz.

Quellen / weitere Informationen:

Tarsus – FDA Approves XDEMVY™
DocCheck – Wimpern: Im Parasiten-Paradies
In der Folge des EYEFOX Talkformats Das Ophthalmologische Quartett zum Thema Trockenes Auge geht es auch um Demodex.
NCBI/PMC – Pathogenic role of Demodex mites in blepharitis
Augenarzt-Online.at – Milbenbefall der Augenlider
The Ophthalmologist – The Next Big Thing? Prevalent and commonly overlooked, Demodex blepharitis is coming into view as a potential therapy moves through the pipeline