Neue US-Studie: Atropin-Augentropfen zur Verlangsamung der Myopie-Progression NICHT besser als Placebo

Die vom National Eye Institute finanzierte Studie unterstreicht die Notwendigkeit weiterer Forschung zur Verhinderung hoher Myopie – und sie steht im Widerspruch zu den Resultaten anderer Studien aus den USA, vor allem aber aus Ostasien.

Mahdi Bafande / unsplash
Mahdi Bafande / unsplash

Die vor kurzem veröffentlichten Ergebnisse der CHAMP-Studie (Childhood Atropine for Myopia Progression) legten nahe, dass in den USA die erste medikamentöse Therapie zur Verlangsamung des Fortschreitens der Myopie bei Kindern zugelassen werden könnte. In dieser randomisierten klinischen Studie führte die Behandlung mit einer 0,01%igen Atropin-Lösung im Vergleich zu Placebo zu einer geringeren Myopieprogression und Achsverlängerung über einen Zeitraum von drei Jahren. Die Ergebnisse der CHAMP-Studie wurden in JAMA Ophthalmology veröffentlicht.

Eine neue, vom National Eye Institute (NEI) initiierte Studie kommt zum gegenteiligen Ergebnis: Die Anwendung von  0,01%igen Atropin-Augentropfen war bei Kindern, die zwei Jahre lang behandelt wurden, um das Fortschreiten der Myopie und die Verlängerung des Auges zu verlangsamen, nicht besser als Placebo. Die randomisierte, kontrollierte Studie wurde von der Pediatric Eye Disease Investigator Group (PEDIG) durchgeführt. Ziel der Studie war es, eine wirksame Methode zur Behandlung der Myopie zu finden. Die Ergebnisse der Studie wurden ebenfalls in JAMA Ophthalmology veröffentlicht.

„Die insgesamt gemischten Ergebnisse zu niedrig dosiertem Atropin zeigen uns, dass wir mehr Forschung brauchen. Wäre eine andere Dosis in der US-Bevölkerung wirksamer? Würde die Kombination von Atropin mit anderen Strategien einen Synergieeffekt haben? Könnten wir auf der Grundlage eines besseren Verständnisses der Ursachen für das Fortschreiten der Myopie andere Behandlungs- oder Präventionsansätze entwickeln?“, erklärte Dr. Michael F. Chiang, Direktor des NEI, das zu den National Institutes of Health gehört.

Die Ermittlung eines optimalen Ansatzes zur Verhinderung der Myopie-Progression ist angesichts der zunehmenden Prävalenz von Myopie insgesamt, vor allem aber wegen der Risiken einer hohen Myopie, dringend erforderlich. Bis 2030 wird prognostiziert, dass 39 Millionen Menschen in den USA an Myopie leiden werden. Bis 2050 wird diese Zahl voraussichtlich auf 44 Millionen in den USA und auf 50 % der Weltbevölkerung ansteigen.  

Sehr viel stärkere Konzentrationen von Atropin-Augentropfen (0,5-1,0 %) werden seit langem von pädiatrischen Augenärzten verwendet, um das Fortschreiten der Myopie zu verlangsamen. Diese Dosen sind zwar wirksam, führen aber zu Lichtempfindlichkeit und verschwommenem Sehen in der Nähe, solange die nächtlichen Augentropfen angewendet werden. Deshalb wurden auch niedrigere Konzentrationen untersucht, die nachweislich weniger Nebenwirkungen haben.

„Das Fehlen eines Behandlungsvorteils in unserer US-amerikanischen Studie im Vergleich zu ostasiatischen Studien könnte auf ethnische Unterschiede beim Ansprechen auf Atropin zurückzuführen sein. An der Studie nahmen weniger asiatische Kinder teil, deren Myopie schneller fortschreitet, und sie umfasste auch schwarze Kinder, deren Myopie im Vergleich zu anderen Ethnien weniger schnell fortschreitet“, so der leitende Mitautor der Studie, Dr. Michael X. Repka, Professor für Augenheilkunde an der Johns Hopkins University.

Für die Studie wurden 187 Kinder im Alter von 5 bis 12 Jahren mit geringer bis mittlerer beidseitiger Myopie nach dem Zufallsprinzip zwei Jahre lang mit nächtlichen Atropin- (0,01 %) (125 Kinder) oder Placebo-Augentropfen (62 Kinder) behandelt. Den Studienteilnehmern, ihren Eltern und den Augenärzten wurde die Gruppenzuordnung verheimlicht. Die Patienten wurden an 12 Studienzentren in den USA betreut.

Nach dem Behandlungszeitraum und 6 Monate nach Beendigung der Behandlung gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen in Bezug auf die Veränderung des Myopiegrades im Vergleich zum Ausgangswert. Auch bei der Achsenlänge gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen im Vergleich zu den Ausgangsmessungen.

„Es ist möglich, dass eine andere Atropinkonzentration erforderlich ist, damit Kinder in den USA einen Nutzen haben“, bemerkte die andere leitende Co-Autorin der Studie, Dr. Katherine K. Weise, Professorin an der University of Alabama in Birmingham. „Klinische Forscher könnten neue Arzneimittel und spezielle Lichtwellenlängen in Kombination mit optischen Strategien wie Spezialbrillen oder Kontaktlinsen untersuchen, um herauszufinden, wie sich das Fortschreiten der Myopie verringern lässt.“

Quelle: National Eye Institute (NEI)
Zur Studie: Low-Dose 0.01% Atropine Eye Drops vs Placebo for Myopia Control