Tageslicht – der günstigste Schutz vor Kurzsichtigkeit

BVA rät: Kinder sollten sich täglich mindestens zwei Stunden im Freien aufhalten.

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Kurzsichtigkeit ist weltweit auf dem Vormarsch und mit ihr auch die hohe Myopie – eine Kurzsichtigkeit ab einem Wert von -6 Dioptrien. Ob ein Mensch kurzsichtig wird, entscheidet sich vor allem in der Kindheit. Das einfachste Mittel, um eine Myopie zu verhindern oder ihr Fortschreiten zumindest zu bremsen, ist der Aufenthalt bei Tageslicht im Freien, rät Dr. Andrea Lietz-Partzsch, Pressesprecherin des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands (BVA).

Kurzsichtigkeit entsteht, wenn der Augapfel im Verhältnis zur Brechkraft des Auges zu lang ist. Die Lichtstrahlen, die beim Blick in die Ferne ins Auge fallen und von Hornhaut und Linse gebündelt werden, werden dann nicht auf der Netzhautebene fokussiert, sondern davor. Die Folge: Nur Gegenstände, die sich nah vor dem Auge befinden, werden scharf gesehen – man wird kurzsichtig.

Risiko für die Entwicklung von Folgekrankheiten

Die meisten Kinder sind zunächst etwas weitsichtig. Mit dem Wachstum des Augapfels entwickelt sich das Auge dann immer weiter hin zur Normalsichtigkeit, Augenärzte sprechen von Emmetropie. Wächst das Auge zu schnell und zu stark, dann wird das Auge kurzsichtig. Das ist nicht nur lästig, weil man dann auf Sehhilfen angewiesen ist, um die Welt klar zu sehen. Stark kurzsichtige Augen haben auch ein größeres Risiko für die Entwicklung von Folgekrankheiten, die das Sehvermögen ernsthaft bedrohen. Dazu gehören Katarakt, Glaukom, Netzhautablösung und myope Makuladegeneration. Deshalb sollte eine Kurzsichtigkeit vermieden werden, eine bereits bestehende Kurzsichtigkeit sollte möglichst nicht noch zunehmen.

Genetische Veranlagung und die Umweltbedingungen in der Kindheit beeinflussen das Wachstum der Augen. Kinder von fehlsichtigen Eltern haben ein erhöhtes Risiko, selbst fehlsichtig zu werden. Aber auch das Verhalten in Kindheit und Jugend spielt eine wichtige Rolle: „Naharbeit“ – also jede Beschäftigung, bei der die Augen auf Gegenstände in der Nähe blicken, fördert das Wachstum des Augapfels. Zu nennen sind hier beispielsweise Lesen, Handarbeit und insbesondere die sich wachsender Beliebtheit erfreuende Beschäftigung mit Smartphone, Tablet und Co. Der Aufenthalt bei Tageslicht im Freien hemmt das Wachstum dagegen. Schon zwei Stunden Tageslicht täglich halbieren das Risiko, dass ein Kind kurzsichtig wird.

Die Weltgesundheitsorganisation befürchtet eine starke Zunahme der Kurzsichtigkeit – bis zur Mitte des Jahrhunderts könnte gut die Hälfte der Weltbevölkerung betroffen sein und mehr als 500 Millionen Menschen könnten bis 2030 mit einer starken Kurzsichtigkeit von -6 Dioptrien oder mehr konfrontiert sein. 

Brillenverordnungen unter Jugendlichen in den vergangenen 15 Jahren konstant

In Deutschland lässt sich bisher eine Zunahme der Kurzsichtigkeit bei Kindern noch nicht belegen. Aktuell sind hierzulande etwa 15 Prozent aller Kinder kurzsichtig. Bis zum Alter von 25 Jahren steigt die Rate dann auf rund 45 Prozent an. Die Brillenverordnungen unter Jugendlichen blieben in den vergangenen 15 Jahren konstant, eine Zunahme lässt sich nicht erkennen. Der Einfluss von Smartphones lässt sich allerdings noch nicht einschätzen. Die ersten Geräte kamen 2007 auf den Markt, erst im letzten Jahrzehnt bekamen auch Kinder und Jugendliche sie mehr und mehr in die Hände. 

Die augenärztliche Empfehlung lautet dennoch: Die Beschäftigung mit Smartphones & Co sollte zeitlich begrenzt sein. Außerdem sollte auf eine gute Beleuchtung geachtet werden. Zudem sollten sich Kinder mindestens zwei Stunden täglich im Freien aufhalten. Um sicherzugehen, dass sich das Sehvermögen normal entwickelt, sollten Kinder spätestens mit dreieinhalb Jahren augenärztlich untersucht werden, bei sichtbaren Auffälligkeiten oder einem erhöhten Risiko – etwa weil die Eltern fehlsichtig sind – schon früher.

Wird eine Kurzsichtigkeit festgestellt, dann sollte sie mit einer Brille korrigiert werden. Zudem können bei stark kurzsichtigen Kindern zwischen etwa sechs und 14 Jahren, bei denen die Kurzsichtigkeit mindestens 0,5 Dioptrien pro Jahr zunimmt, Augentropfen mit niedrig dosiertem Atropin eingesetzt werden. Diese Tropfen werden regelmäßig vor dem Zubettgehen in beide Augen getropft. In Deutschland ist diese Therapie noch nicht zugelassen. Kontrollierte Studien liegen bisher nur aus Asien vor. Fallserien aus Europa lassen aber erwarten, dass die Behandlung auch in der hiesigen Bevölkerung wirksam ist. Etwa zehn Prozent der behandelten Kinder sprechen allerdings nicht an. Es gibt auch spezielle Brillengläser, die in den Randbereichen der Netzhaut ein Bild vor der Netzhaut hervorrufen, in der Mitte des Gesichtsfeldes aber scharfes Sehen ermöglichen. Dies stellt ein Stoppsignal für das Augenwachstum dar. 

Das einfachste Mittel für den klaren Durchblick ist aber der einfache Rat: Geht raus zum Spielen!

Quelle: Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA)