Gefährdet der Lasereinsatz das EBM-Honorar?

Das Sozialgericht für das Saarland hatte zu entscheiden, ob die Anwendung und die Abrechnung des Femtosekundenlasers als „IGeL-Zuzahlungsleistung“ nach GOÄ zu einem Verlust des EBM-Honoraranteils für die eigentliche Katarakt-Operationm führt.

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Der Fall

Die Klägerin hatte sich am linken Auge am 10.10.2018 wegen Grauen Stars operieren lassen. Die Versicherte hatte mit ihrer Krankenkasse, der Techniker Krankenkasse (TK), seit vielen Jahren Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V vereinbart. Diese Vereinbarung beinhaltete eine privat gestellte Leistungsabrechnung über insgesamt 2.588,61 EUR. Inhalt der Leistungsabrechnung waren die Kosten nach 5855a GOÄ für den Einsatz des Femtosekundenlasers mit Faktor 1,79, ein sog. „Interface“ in Höhe von 357 EUR und Auslagen der Linse in Höhe von 181,90 EUR. Nach der Diagnose seitens des Klinikums wurde das Geld aus der Leistungsabrechnung wie folgt ausgegeben: Sicca Syndrom, Blepharitis posterior, Cataracta Cortinuclearis provecta. 

Die TK hatte nun die Erstattung der gesamten Kataraktoperation verweigert, mit dem Hinweis darauf, dass im Rahmen der Operation des Grauen Stars der Femtosekundenlaser zum Einsatz gelangt war. Die Klägerin habe jedoch die Kosten des Lasers bereits aus Eigenmitteln an die Klinik geleistet.

Es sei damit eine in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht anerkannte Behandlungsmethode zum Einsatz gelangt. In der Folge sei jedweder Zahlungsanspruch der Versicherten aus diesem Grund entfallen, unabhängig davon, ob das Sachleistungsprinzip gelte, also die Kostentragung als Sachleistung auf Chipkarte oder der Patient die Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 SGB V gewählt hat.

Die Entscheidung

Die gegen den Ablehnungsbescheid der TK gerichtete Klage war erfolgreich: Die Anwendung und die Abrechnung des Femtosekundenlasers als Individuelle Gesundheitsleistungen- „IGeL-Zuzahlungsleistung“ nach GOÄ (5855a GOÄ) führe nicht zu einem Verlust des EBM-Honoraranteils für die eigentliche Katarakt-Operation. 

In dem Urteil heißt es hierzu:

Unstreitig hat die Klägerin die Beklagte nicht darüber informiert, dass sie die Kataraktoperation mit einem Femto-Laser durchführen lassen will. Damit hat sie eine Leistung in Anspruch genommen, die nicht von dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gedeckt ist. Insoweit handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode. Die beklagte Krankenkasse hat aber zu Unrecht verweigert, die Kosten der Katarakt-OP zu erstatten, die nicht den Einsatz des Lasers betrafen. Die TK war der Auffassung, dass eine anteilige Erstattung bei Inanspruchnahme einer neuen Behandlungsmethode nicht möglich sei. Auch dann nicht, wenn sich die Kostenerstattung auf die Kosten beschränkt, wie sie bei einer vertraglichen Leistung angefallen wäre. Dieser Auffassung folgt die Kammer allerdings nicht. Das Bundessozialgericht hatte stattdessen ausgeführt, dass die Krankenkasse dem Versicherten nur die Kosten solcher selbst beschaffter Behandlungen zu erstatten habe, welche die Krankenkassen allgemein als Sachleistung zu erbringen haben. Genau hierauf richtet sich das Begehren der Klägerin. Sie hatte am 30.03.2019 ausdrücklich ausgeführt, nur die Kosten der Rechnung vom 31.12.2018 erstattet verlangen zu wollen, die nicht durch den Einsatz des Femto-Lasers entstanden waren. Unter Berücksichtigung dessen war der Widerspruchsbescheid aufzuheben und die Krankenkasse verpflichtet, der Klägerin auch die weiteren Kosten für die Katarakt-OP zu erstatten. Einzige Ausnahme waren die Kosten für den Einsatz des Femto-Lasers. Letztlich hatte die Krankenkasse sich nämlich selber verpflichtet, die Kosten zu tragen.

Fazit

Die Entscheidung des Sozialgerichtes verdient Zustimmung. Denn in der EBM-Position ist nicht geregelt, wie der Linsentausch im Einzelnen zu erfolgen hat. Insbesondere wurde dort die chirurgische Vorgehensweise nicht auf das konventionelle Verfahren festgelegt, sodass der Linsentausch hier zu vergüten war. Grund dafür ist, dass die Linsentrübung beseitigt und die Erkrankung geheilt ist. Der Lasereinsatz im Rahmen der Laser-Cataract-Surgery (LCS) besitzt keine generell-eigenständige Bedeutung. Er ersetzt daher auch keine Teilschritte der konventionell durchgeführten Kataraktoperation (vgl. BGH, Urt. v. 14.10.2021, III ZR 350/20 - dazu hier ein Beitrag auf EYEFOX). Aus diesem Grund lässt die Laseranwendung die Berechtigung zur Abrechnung der Katarakt-Operation nach EBM auch nicht entfallen.

Praxisanmerkung

Für den gesetzlich krankenversicherten Patienten ist es bei der Entscheidung für den Femtosekundenlaser im Rahmen der Katarakt-OP von weichenstellender Bedeutung, ob es sich bei den hierdurch bedingten Kosten um bloße Zusatzkosten handelt. Zusatzkosten muss der Patient aus der eigenen Tasche zahlen, solange nur die Kosten der Katarakt-OP sicher durch die gesetzliche Krankenversicherung getragen werden. Genau dies war vorliegend dem Patienten im Vorfeld der OP durch eine Hochglanzbroschüre des Klinikums avisiert worden. Wie problematisch derartige Erstattungsankündigungen sein können, zeigt der vorliegende Fall. Regelmäßig kann der Behandler das Erstattungsverhalten eines Kostenträgers nicht prognostizieren, schon weil er weder den dort im Einzelfall geltenden Tarif kennt noch weiß, wie er der modernen Lasertherapie in der Augenheilkunde überhaupt gegenübersteht.

Sozialgericht für das Saarland, Urt. v. 29.07.2020, S 20 KR 445/18, rkr

Rechtliche Aufbereitung
Rechtsanwalt Rüdiger Gedigk, Fachanwalt für Medizinrecht

Korrespondierende GOÄ Ziffern/Normen
§ 13 Abs. 2 SGB V, 5855a GOÄ; 1375 GOÄ;