RetinaSensor: Netzhautimplantat der nächsten Generation

Ein interdisziplinäres Projekt der Hector Fellow Academy entwickelt innovative Netzhautimplantat-Technologie zur verbesserten Wiederherstellung des Sehvermögens blinder Menschen. Mit dabei: Prof. Jürg Leuthold, Leiter des Instituts für elektromagnetische Felder der ETH in Zürich, und Prof. Eberhart Zrenner, Gründungsdirektor des Forschungsinstituts für Augenheilkunde an der Eberhard Karls Universität Tübingen.

Der RetinaSensor enthält Photodetektoren, deren Signale an die Elektroden zur Netzhautstimulation gesendet werden. Bild © Dr. Wadood Haq / Shadi Nashashibi
Der RetinaSensor enthält Photodetektoren, deren Signale an die Elektroden zur Netzhautstimulation gesendet werden. Bild © Dr. Wadood Haq / Shadi Nashashibi

Aufgrund der vielfältigen genetischen Ursachen degenerativer Netzhauterkrankungen (ca. 290 Gene sind an Netzhautdystrophien beteiligt) sind die elektrischen Netzhautimplantate die bisher einzige umfassende, mutations-unabhängige Behandlung für Blindheit durch Photorezeptorverlust. Das RetinaSensor Projekt vereint daher neueste Technologien und Know-How, um die bisherigen Grenzen der subretinalen elektronischen Implantate zu überwinden und ein verbessertes künstliches Sehen mit bisher unerreichter räumlicher und visuell-zeitlicher Auflösung zu ermöglichen. 

Bei diesem Projekt kooperieren die beiden Hector Fellows Prof. Dr. Jürg Leuthold, Leiter des Instituts für elektromagnetische Felder der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich, und Prof. Dr. Eberhart Zrenner, Seniorprofessor für Augenheilkunde am Werner Reichardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften und Gründungsdirektor des Forschungsinstituts für Augenheilkunde an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Eberhart Zrenner beschäftigt sich seit den 90er Jahren mit der Entwicklung und dem Einsatz elektrischer Netzhautimplantate der ersten Generation. Gemeinsam mit HFA Postdoc Dr. Wadood Haq (Eberhard Karls Universität, Tübingen) und dem Doktoranden Shadi Nashashibi (ETH Zürich) arbeiten die beiden Wissenschaftler an der nächsten Generation von Netzhautimplantaten. Die Kombination von hochempfindlichen Photodetektoren, hoch-aufgelösten Mikroelektroden-Arrays und einem neuen Stimulationsparadigma soll eine bisher unerreichte räumliche und zeitliche Auflösung durch elektrische Netzhautimplantate ermöglichen.

Der RetinaSensor wird ein hochempfindliches Photosensor-Array auf Basis einer van-der-Waals-Heterostruktur enthalten, das einen hohen dynamischen Umfang für eine ideale Bildaufnahme der Umgebung unter verschiedenen Lichtverhältnissen bietet. Gekoppelt mit einem Elektrodenarray mit einer bisher unerreichten dichten räumlichen Auflösung und kombiniert mit einem neuartigen biomimetischen, merkmalsbasierten Stimulationsparadigma für eine hohe visuell-zeitliche Auflösung, soll der RetinaSensor blinde Menschen einen Schritt näher an die Wiedererlangung eines umfassend brauchbaren Sehvermögens auf künstlichem Wege bringen.

Prof. Dr. Jürg Leuthold ist seit 2013 Professor für Photonik und Kommunikation. 2010 wurde er mit dem Hector Wissenschaftspreis ausgezeichnet. Er forscht an neuen Konzepten und Verfahren der optischen Signalverarbeitung bei höchsten Datenübertragungsraten. Seine Interessensfelder liegen in der Photonik, Plasmonik und Mikrowellen-Photonik mit Forschungsschwerpunkten auf Anwendungen in der Kommunikation und in der Sensorik. „Wir haben die Ambition die kleinesten, die energieeffizientesten und die schnellsten Bauteile der Welt zu bauen“ erklärt der Wissenschaftler.

In diesem Video der Hector Fellow Academy spricht Prof. Dr. Jürg Leuthold auch über den RetinaSensor.

Seit 2013 ist er Mitglied der Hector Fellow Academy, einem Netzwerk aus Spitzenprofessor*innen der Ingenieurs- und Naturwissenschaften, Medizin und Psychologie. In der Hector Fellow Academy leitet er gemeinsam mit Hector Fellow Eberhard Zrenner das interdisziplinare Projekt „RetinaSensor: Neuartige elektronische Netzhautimplantate für Blinde“. „Das ist eine einzigartige Zusammenarbeit, welche Physik, Elektrotechnik und Medizin zusammenbringt“ so Jürg Leuthold. „Ohne die Hector Fellow Academy wären wir nicht auf die Idee gekommen. (…) Erst dadurch ist der Brückenschlag entstanden.“

Im Team von Jürg Leuthold ist Nachwuchswissenschaftler Shadi Nashashibi maßgeblich am Projekt „RetinaSensor“ beteiligt. Seine Promotionsstelle wird von der Hector Fellow Academy finanziert. 

Über die Hector Fellow Academy

Im Jahr 2013 hat Hans-Werner Hector, einer der Gründer des Softwareunternehmens SAP, die Hector Fellow Academy ins Leben gerufen. Sein Ziel: den Forschungs- und Wissenschaftsstandort Deutschland zu stärken, zukunftsweisende gesellschaftspolitische Diskurse in Gang zu setzen und zur Lösung globaler Herausforderungen beizutragen. Mittlerweile haben 25 herausragende Forscher*innen aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften

sowie aus Medizin und Psychologie den einmal jährlich vergebenen Hector Wissenschaftspreis erhalten. Die Preisträger*innen waren zum Zeitpunkt ihrer Ehrung an einer deutschen Universität oder Forschungseinrichtung tätig. Die Wissenschaftsakademie bietet diesen Hector Fellows nicht nur eine Plattform zum Austausch und Förderung für gemeinsame interdisziplinäre Forschungsprojekte. Sie hat es sich auch zur Aufgabe gemacht, den Erfahrungsschatz ihrer Mitglieder an die nächste Generation weiterzugeben. Dazu finanziert die Hector Fellow Academy Promotionsstellen von Absolvent*innen mit überdurchschnittlichem Master-Abschluss und hat den Hector Research Career Development Award (Hector RCD Award) ins Leben gerufen.

Quelle:  Hector Fellow Academy