Netzhaut aus Stammzellen: ERC Starting Grant für Dr. Zohreh Hosseinzadeh

Um Erkrankungen der Netzhaut besser behandeln zu können, forscht die Biologin PD Dr. Zohreh Hosseinzadeh an der Erzeugung einer funktionsfähigen künstlichen Netzhaut aus menschlichen Stammzellen. Der Europäische Forschungsrat bestätigt die wissenschaftlich hohe Relevanz und unterstützt die Gruppenleiterin am Paul-Flechsig-Institut – Zentrum für Neuropathologie und Hirnforschung der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig mit einem ERC Starting Grant.

PD Dr. Zohreh Hosseinzadeh. Bild © Christian Hüller/Universität Leipzig
PD Dr. Zohreh Hosseinzadeh. Bild © Christian Hüller/Universität Leipzig

Dieser Forschungspreis gehört mit einer Höhe von knapp 1,5 Millionen Euro zu den renommiertesten europäischen Wissenschaftsförderungen. 

Dr. Hosseinzadeh erklärt: „Wir wollen aus menschlichen Stammzellen eine Netzhaut erzeugen, die bei Erkrankten als Ersatz für die beschädigte Netzhaut verwendet werden kann. Oder die körpereigenen Zellen nutzen, um sie für den verletzten Teil einzusetzen. Darüber hinaus wollen wir an der Medizinischen Fakultät dazu beitragen, aus Stammzellen der Patient:innen gefertigte Medikamente, für die erkrankte Netzhaut, im Labor zu testen. Dadurch kann künftig das wirksamste Medikament mit der besten Dosis für die Netzhaut verwendet und die Behandlung konkret auf das Individuum abgestimmt werden.“

Der ERC Starting Grant soll den Leipziger Wissenschaftler:innen in den nächsten Jahren helfen, die Zukunft der aus Stammzellentechnologie gewonnenen Netzhaut in eine neue Richtung zu lenken. Dazu werden Vorgänge, die der funktionellen Reifung der Netzhaut während der Entwicklung zugrunde liegen, raumzeitlich genau aufgezeichnet. Ein Modell kombiniert die erhaltenen Informationen und dekodiert sie in retinale Organoide,  Nachbildungen der Netzhaut, um die notwendigen elektrophysiologischen Ereignisse zur Erzeugung funktioneller retinaler Organoide bereitzustellen.

Laut Weltgesundheitsorganisation leiden weltweit mehr als eine Milliarde Menschen an Sehbehinderungen, bei denen die Netzhaut irreparabel beschädigt ist. So ist laut der European Society of Retina Specialists jeder vierte Europäer über 60 Jahre von AMD betroffen. Die Zahl der Krankheitsfälle wird bis 2050 voraussichtlich um 20 Prozent steigen. „Daher werden Therapien für solche Krankheiten dringend benötigt“, betont Dr. Hosseinzadeh.

PD Dr. Zohreh Hosseinzadeh ist seit 2019 Gruppenleiterin am Paul-Flechsig-Institut – Zentrum für Neuropathologie und Hirnforschung. An der Eberhard-Karls-Universität Tübingen hat sie 2019 in Physiologie habilitiert und 2015 in Biologie promoviert. Den Bachelor und Master in Biologie absolvierte sie an der Shahid Chamran University im Iran. Der Forschungsschwerpunkt von Dr. Hosseinzadeh liegt auf dem Verständnis der Physiologie der Netzhaut und ihren Störungen, um Therapien mit verschiedenen interdisziplinären Ansätzen wie Stammzellen, Elektrostimulation und Computational Neuroscience zu finden. Mit Hilfe des ERC Starting Grant von 2023 bis 2028 wird der Forschungsprofilbereich „Erkrankungen von Gehirn und Seele“ der Medizinischen Fakultät gestärkt.

Starting Grants des ERC

Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) unterstützt wissenschaftlichen Nachwuchs derzeit im Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe. Gefördert werden herausragende Talente zwei bis sieben Jahre nach ihrer Promotion, die einen ungewöhnlichen Forschungsansatz zu einem frei gewählten Thema verfolgen. Für den Aufbau einer Arbeitsgruppe stehen jeweils rund 1,5 Millionen Euro bei einer Laufzeit von fünf Jahren zur Verfügung. 

Quelle: Universität Leipzig