Kornea: Rostocker Physiker entwickeln neues Mikroskopieverfahren

Forscher um Professor Oliver Stachs, Leiter der AG Experimentelle Augenheilkunde der Universitätsmedizin Rostock, und Professor Heinrich Stolz von der Universität Rostock haben ein dreidimensionales laserbasiertes Mikroskopieverfahren zur Exploration der zellulären Morphologie der Kornea entwickelt. Das Patent „Chromatisches Swept-Source Laserscanning für eine konfokale 3D-Spaltlampenmikroskopie der Kornea” wurde mit dem Patent-Preis der DOG ausgezeichnet.

Untersuchung der Hornhaut eines Probanden, Prof. O. Stachs, durch Dr. K. Sperlich am Laboraufbau eines prototypischen Laserscanning-Mikroskops. Bild: Julia Tetzke / Universität Rostock
Untersuchung der Hornhaut eines Probanden, Prof. O. Stachs, durch Dr. K. Sperlich am Laboraufbau eines prototypischen Laserscanning-Mikroskops. Bild: Julia Tetzke / Universität Rostock

Interdisziplinärer Ansatz führt zum Erfolg

Das Team, das wissenschaftliche Expertise aus der Medizin, der Biologie und der Physik einbringt, setzt sich aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Interdisziplinären Fakultät, des Rostocker Institutes für Physik sowie der Universitätsmedizin Rostock zusammen. Mit dem zum Patent angemeldeten Verfahren der Biophotonik – so nennt sich die Lehre von der Wechselwirkung zwischen organischem Material und Licht – können neuartige Mikroskopie-Methoden zunächst an Zell- und Tiermodellen erprobt und im Anschluss in die klinisch-experimentelle Anwendung überführt werden.

Das herkömmliche Verfahren zur Untersuchung von Zellen der Hornhaut im Auge wurde bereits vor zwanzig Jahren in Rostock von Professor Joachim Stave entwickelt. Inzwischen klinisch etabliert ist es jedoch vergleichsweise langsam, so dass aufwendige Bildkorrekturen der mikroskopischen Aufnahmen notwendig seien, so Dr. Karsten Sperlich, der an der Augenklinik der Rostocker Universitätsmedizin tätig ist.

Abbildung von Gewebeschichten in höchster Auflösung in Bruchteilen einer Sekunde

Die Patentidee, bei der es sich um eine dreidimensionale laserbasierte Mikroskopie des Auges handelt, erlaubt dank einer intelligenten Scantechnologie Gewebeschichten in höchster Auflösung in Bruchteilen einer Sekunde abzubilden. Die neue Methode nutzt bewusst erzeugte Farbfehler einer speziell entworfenen Optik in Verbindung mit einem Laser, der seine Wellenlänge periodisch ändert, um die Fokustiefe beim Mikroskopieren zu verändern. Im Gegensatz zum konventionellen Laserscanning-Mikroskop kann nun vollständig auf langsame mechanische Verschiebeelemente zur Fokuspositionierung verzichtet werden. Die neue Technik ist dadurch so schnell, dass sie erstmals die Aufnahme eines Volumenausschnitts der Hornhaut des Auges mit voller Tiefenausdehnung in etwas weniger als einer Sekunde ermöglicht.

Darstellung von Epithelzellen ohne Bewegungsartefakte 

Diese neue Methode erlaubt auch eine besonders schnelle Darstellung optischer Schnitte durch die Hornhaut. So können Zellstrukturen im Auge, insbesondere von Epithelzellen und Nerven, erstmals ohne Bewegungsartefakte in Echtzeit dargestellt werden. Die Patentanmeldung legt damit die Grundlagen für eine hochauflösende quantitative Mikroskopie der Hornhaut, die großes Potenzial für eine verbesserte Diagnostik von Oberflächenerkrankungen des Auges besitzt. Eine Translation der Technologie beispielsweise in andere medizinische Fachgebiete wie der Dermatologie oder Gynäkologie erscheint möglich. Auch hier spielen die interdisziplinäre Zusammenarbeit und Vernetzung eine wichtige Rolle: Denn durch die unmittelbare Nähe der Rostocker Physiker zu den ärztlichen Kollegen der Augenklinik der Universitätsmedizin Rostock unter Leitung von Professor Thomas Fuchsluger können klinische Fragestellungen unmittelbar bearbeitet werden.

Patent-Preis der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft

Der Patentantrag für das neue Verfahren wurde durch die Universität Rostock mit den Erfindern Dr. Karsten Sperlich und Dr. Sebastian Bohn sowie den Professoren Heinrich Stolz, Rudolf F. Guthoff und Oliver Stachs gestellt. Im Bereich der Patentierung erhielten die Forschenden Unterstützung von Lars Worm, der als Patentingenieur für die Universität Rostock Service GmbH tätig ist. Für ihn ist die Verleihung des Patent-Preises der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) an Dr. Karsten Sperlich eine Bestätigung für den im Land vorhandenen Technologietransfer sowie der durchgeführten Innovationsförderung. „Die Arbeit mit dem Titel „Chromatisches Swept-Source Laserscanning für eine konfokale 3D-Spaltlampenmikroskopie der Kornea“ besitzt großes Potenzial und zeigt einmal mehr, dass in Mecklenburg-Vorpommern Spitzenforschung betrieben wird, die auch über Landesgrenzen hinaus Anerkennung findet“, sagt Worm. Der Patent-Preis der DOG wird jährlich an herausragende Erfindungen aus dem Bereich der Augenheilkunde vergeben.

„Verfahren zur visuellen bzw. quantitativen Exploration der zellulären Morphologie der Kornea auf der Basis von inhärent dreidimensionalen Merkmalen eröffnen völlig neue diagnostische Möglichkeiten“, so der Vorsitzende der Jury, Prof. Dr. Frank G. Holz, in seiner Laudatio bei der Preisverleihung auf dem DOG-Kongress in Berlin. „Hier wurde nun ein neuartiges, innovatives konfokalmikroskopisches Scanverfahren zur dreidimensionalen in vivo Bildgebung der zellulären Morphologie der Kornea entwickelt, welches durch das Ausnutzen von induzierter chromatischer Aberration unter Verwendung eines Swept-Source Lasers eine extrem schnelle Methode zur Fokuspositionierung im Gewebe darstellt."

Parallel zur Patentanmeldung wird auch ein Kooperationsprojekt zwischen der Universitätsaugenklinik und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 850.000 Euro gefördert. Idee, Motivation und Expertise hierfür basieren auf bereits von der DFG geförderten Projekten, in denen der Weg zur neuen Methode für eine dreidimensionale Charakterisierung der Hornhaut des Auges bereitet wurde. 

Text: Wolfgang Thiel / DOG

Quelle: Universität Rostock / DOG