Innovative Analysestrategien für Netzhautbilder: GRADE Reading Center Bonn feiert zehnjähriges Jubiläum

Das GRADE Reading Center Bonn am Universitätsklinikum Bonn (UKB) blickt im Sommer 2022 auf zehn erfolgreiche Jahre als ausgegründetes Steinbeis-Unternehmen zurück. In Kooperation mit zahlreichen akademischen und industriellen Partnern sowie klinischen Studienzentren hat GRADE in dieser Zeit einen entscheidenden Beitrag zum Einsatz und der Weiterentwicklung der hochauflösenden, digitalen Bildgebung der Netzhaut im Rahmen von multizentrischen Studien geleistet.

© GRADE Reading Center
© GRADE Reading Center

Das Tätigkeitsspektrum des GRADE Reading Centers umfasst neben der Auswertung multimodaler digitaler Bilddaten im Rahmen internationaler multizentrischer klinischer Studien, die an mehreren Standorten parallel stattfinden, u. a. die Entwicklung KI (Künstliche Intelligenz)-basierter, automatisierter Auswertungsalgorithmen sowie die Identifizierung und Bewertung von Biomarkern bei Makula- und Netzhauterkrankungen.

Bereits 2006 wurde das ursprüngliche GRADE Reading Centers Bonn durch Prof. Frank Holz, Direktor der Augenklinik am UKB, und Dr. Steffen Schmitz-Valckenberg, heute Jon M. Huntsman Presidential Professor, Moran Eye Center, University of Utah, USA, gegründet. Das Center ging damals in Heidelberg aus dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Schwerpunktprogramm Altersabhängige Makuladegeneration (AMD) hervor (SPP 1088). In dessen Rahmen wurde der Einsatz der sogenannten konfokalen Scanning-Laser-Ophthalmoskopie basierten Fundusautofluoreszenz-Bildgebung, einer hochauflösenden Bildgebung der Netzhaut, in einer multizentrischen Verlaufsstudie systematisch untersucht.

Prof. Frank Holz, Direktor der Augenklinik am Universitätsklinikum Bonn, und einer der Gründer des Grade Reading Centers Bonn. Bild: UKB

Krankheitsverlauf und Effekt therapeutischer Interventionen präzise erfassen

Seit dieser Zeit expandierte GRADE und vollzog 2012 den Schritt der Ausgründung als Steinbeis-Unternehmen. Als eines von weltweit über 1.000 Steinbeis-Forschungs- und Transferzentren agiert GRADE dabei innerhalb des Steinbeis-Netzwerkes, das gezielt um Lösungen und Entwicklungen für Kooperationsprojekte zwischen akademischen Zentren und Industriepartnern sucht, um den erfolgreichen Wissens- und Technologietransfer zu fördern. GRADE ist am UKB angesiedelt, betreibt ein eigenes Internetportal zum Datenaustausch und unterhält eigene Serverkapazitäten an mehreren Standorten in Deutschland. Im Mittelpunkt der Tätigkeit steht der Transfer und die Anwendung von innovativen Analysestrategien der Netzhautbildgebung, um die Manifestation, den Krankheitsverlauf und den Effekt von therapeutischen Interventionen präzise und standardisiert zu erfassen.

Aufnahmen der Retina. Bilder: Universitätsklinikum Bonn (UKB)

 

Zusammenarbeit mit weltweit über 280 Studienzentren auf sechs Kontinenten

Die zentrale Erfassung und unabhängige Analyse von vielfältigen Bilddatensätzen, die an zahlreichen Studienzentren erhoben werden, ist von entscheidender Bedeutung für die Qualität der Auswertung. Damit leistet GRADE einen wichtigen Beitrag zur weiteren Erforschung von Augenerkrankungen, insbesondere um die Sicherheit und Wirksamkeit von neuen Behandlungsmethoden zu prüfen. GRADE arbeitet mittlerweile weltweit mit über 280 Studienzentren auf sechs Kontinenten zusammen und prozessiert über 20.000 Bilddatensätze pro Jahr. Das multidisziplinäre Team aus Datenmanagern, Projektmanagern, Readern, IT-Spezialisten, Softwareentwicklern und Ärzten umfasst heute etwa 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Die Ausgründung als Steinbeis-Unternehmen bietet vielfältige Vorteile, um flexible und maßgeschneiderte Lösungen für innovative Projekte mit unseren nationalen und internationalen Kooperationspartnern zu realisieren“, führt Prof. Holz aus. „Als zuverlässiger Partner möchten wir die Entwicklung von Analysestrategien für Imaging-Biomarker im Rahmen von multizentrischen Studien weiter mitgestalten.“

Qualität bestehender Therapien von Augenerkrankungen verbessern

Mit dem Wechsel von Prof. Schmitz-Valckenberg in die USA konnte auch in den letzten zwei Jahren eine enge Kooperation mit UREAD, dem Utah Retinal Imaging Reading Center am Moran Eye Center, Salt Lake City, University of Utah, etabliert werden, das von ihm geleitet wird. So können bspw. unterschiedliche Zeitzonen wie Asien, Europa und Amerika gerade bei sehr knappen Turnaround-Zeiten rasch und effizient bedient werden. „Wenn es um die Beurteilung von neuen Behandlungsmethoden geht, ist eine zuverlässige und zeitnahe Prüfung sowie Beurteilung nach strengen wissenschaftlichen Kriterien von zentraler Bedeutung“, sagt Prof. Schmitz-Valckenberg. “Hauptziel für uns ist es, einen entscheidenden Beitrag zur Beantwortung von wissenschaftlichen Fragestellungen zu leisten, um ganz besonders neue Therapien zum Patienten zu bringen und die Qualität von bestehenden Therapien von Augenerkrankungen zu verbessern.“

Prof. Schmitz-Valckenberg, heute Jon M. Huntsman Presidential Professor, Moran Eye Center, University of Utah, USA, und einer der Gründer des Grade Reading Centers Bonn. Bild: privat

MACUSTAR-Studie zur intermediären AMD

GRADE zählt mittlerweile zu den international führenden Reading-Centern. Aus den vielfältigen Aktivitäten und umfänglichen Daten sind mittlerweile auch zahlreiche Publikationen, Promotionen und Habilitationen von wissenschaftlichen Mitarbeitern hervorgegangen. Betreut wird neben einer Vielzahl von klinischen Studien zu innovativen Therapieansätzen mit der pharmazeutischen Industrie und der Medizintechnik aktuell auch die MACUSTAR-Studie zur intermediären AMD, Methoden und Endpunkte für die klinische Prüfung von Therapieansätzen entwickelt werden. Dabei handelt es sich um eine private public partnership im Rahmen des Innovative-Medicines-Initiative-2-Programms (IMI2) der Europäischen Union, an dem u. a. auch Bayer, Novartis, Roche und Zeiss beteiligt sind, und das mit über 16 Mio. Euro gefördert wird. 

Studien dieser Art sind heute auch aufgrund der hohen Anforderungen der Zulassungsbehörden nur noch mit einem zentralen Reading Center effizient und unter kontinuierlicher Qualitätsprüfung durchführbar.

Quelle: Universitätsklinikum Bonn (UKB)