Projekt FORMOSA: Evaluation der Fortbildung „Sehbehinderte Menschen in der Augenarztpraxis“

Das AMD Netz informiert und schult Augenarztpraxen im Umgang mit Patienten mit fortgeschrittener AMD.

© shutterstock
© shutterstock

Ausgangslage

Patienten mit fortgeschrittener AMD leiden sowohl bei der Alltagsbewältigung als auch auf psychischer Ebene unter dem Sehverlust. Dieser ist jedoch oftmals nicht sichtbar und wird daher - auch in der Augenarztpraxis - nicht berücksichtigt. Betroffene Patienten benötigen, um ihre Selbständigkeit und Lebensqualität erhalten zu können, Informationen zu Sehhilfen, Alltagshilfsmitteln, Rehabilitationsmaßnahmen, sozialrechtlichen Ansprüchen im Verlauf der Erkrankung sowie Tipps und Tricks für den Alltag. Zudem müssen sie wissen, an welche Ansprechpartner sie sich telefonisch oder persönlich wenden können. Die Informationen aus der Augenarztpraxis werden von den Patienten als wichtig eingestuft und sind daher unerlässlich bei der Versorgung von AMD-Patienten.

Design der Studie

Medizinische Fachangestellte (MFA) können die Aufgabe übernehmen, Patienten kurz zu beraten und mittels Weitergabe von Kontaktdaten oder Flyern an die wichtigen Ansprechpartner weiterzuleiten. Dazu müssen sie in diesen Themen geschult werden. Im Rahmen des Projekts FORMOSA des AMD-Netz, welches mit Unterstützung von Novartis Pharma durchgeführt wurde, erhielten alle Teilnehmer*innen die Fortbildung „Sehbehinderte Menschen in der Augenarztpraxis“ in Präsenz (66 TN), absolvierten ein E-Learning (15 TN) und wurden einmal telefonisch befragt (15 TN).

Patienten mit einem Visus ≤ 0,3 aus den Praxen, in denen Mitarbeiter-Fortbildungen stattfanden, wurden im Abstand von drei Monaten (54 bzw. 48 TN) zu ihrem Wissensstand hinsichtlich der Alltagsbewältigung relevanter Informationen befragt.

Die Augenärzt*innen (15 TN) aus den Praxen wurden im Anschluss an die anderen Befragungen zum Nutzen der Fortbildungen befragt.

Ergebnisse

Alle MFA beurteilten die Fortbildung mit Bestnoten, bestätigten die Vertiefung ihres Wissens durch das E-Learning und gaben an, für die alltägliche Arbeit in der Augenarztpraxis von diesem Wissen zu profitieren. Sie seien besser sensibilisiert für die besonderen Probleme ihrer Patienten und fühlen sich nach der Fortbildung deutlich besser vorbereitet auf mögliche Fragen der Patienten. Sie informieren Patienten und planen, das erworbene Wissen auch initiativ weiterzugeben.

Die Patienten wurden zu ihrem Kenntnisstand hinsichtlich möglicher Hilfsmittel zum Lesen, Telefonieren, Reduzierung der Blendung, Schreiben und Schwerbehindertenausweis befragt sowie danach, wie wichtig ihnen diese Tätigkeit ist. Des Weiteren sollten sie angeben, ob sie bereits Hilfsmittel nutzen und wie gut sie sich zu den Hilfsmitteln informiert fühlen und wie gut sie sich allgemein informiert fühlen, den Alltag mit einer Sehbehinderung zu bewältigen. Hier hat sich unsere Annahme bestätigt, dass der Informationsgrad zu sehbehindertenspezifischen Themen gering ist.

Interessanterweise waren die Patienten bei der zweiten Befragung deutlich unzufriedener mit ihrem allgemeinen Wissensstand zu diesen Themen. Während sich in der ersten Befragung 16,7 % mangelhaft oder ungenügend informiert fühlten, waren es in der zweiten Befragung mit 36 % deutlich mehr. 22,9 % der Befragten hatten den Hinweis auf eine weitere Beratung oder auf Fachleute von einer MFA bekommen. Die Hälfte der Patienten der 2. Befragung wünschte sich eine telefonische Beratung, die auch zeitnah erfolgte.

Die im Projekt befragten Augenärzt*innen gaben an, dass sowohl sie als auch ihre Mitarbeiterinnen von der Fortbildung profitieren würden und die Umsetzung der Inhalte als Bereicherung für die Augenarztpraxis empfunden werde.

Zusammenfassung

Die vom AMD-Netz angebotene Fortbildung verbessert den Wissensstand von MFA zu sehbehindertenspezifischen Fragen und Angeboten. Zudem wurde ein Verbesserungspotential des Informationsstands der Patienten hinsichtlich der möglichen selbstständigen Bewältigung des Alltags mit ihrer Seheinschränkung deutlich.

Zu vermuten ist, dass die mehrfache Befragung der Patienten zu Themen, die den Alltag direkt betreffen, zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den vorhandenen Hilfsmitteln und der derzeitig vorhandenen Selbstständigkeit geführt hat und das Bewusstwerden der Beeinträchtigung zu größerer Unzufriedenheit führte. Dies hat den Wunsch nach weiterer Beratung befördert. Hier könnte eine initiative Ansprache der Patienten durch MFA Lösungen für Patienten aufzeigen, die diese nicht von selber nachgefragt bzw. evtl. noch nicht realisiert haben.

Die Resonanz bei den teilnehmenden Augenärzt*innen war sehr positiv und zeigte eine zeitliche und fachliche Entlastung durch die fortgebildeten MFA auf.

Das Projekt zeigt auf, dass

  • die Fortbildung von ausgewählten MFA zum Thema Sehbehinderung unerlässlich ist und von jeder Augenarztpraxis beauftragt werden sollte
  • die bereits angebotene Fortbildung weiter intensiviert werden sollte mit dem Ziel, eine Makula-Beraterin als Ansprechpartnerin für seheingeschränkte Patienten auszubilden
  • die gezielte Information der Patienten weiter vereinfacht werden könnte, indem digitale Anwendungen mit audiovisueller Unterstützung entwickelt werden