Diabetisches Makulaödem: Behandlungsstart mit Bevacizumab?

Eine DMÖ-Therapie, die mit Bevacizumab startet und – wenn nötig – zu Aflibercept switcht, scheint ebenso wirksam wie eine Monotherapie mit Aflibercept. Dies ist das Ergebnis einer multizentrischen, randomisierten Studie des US-amerikanischen National Eye Institute.

© Community Eye Health / Foto: Sangita Sagar
© Community Eye Health / Foto: Sangita Sagar

Die Studie des DRCR Retina Network wurde vom National Eye Institute (NEI) und dem National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases (NIDDK) finanziert, die beide Teil der National Institutes of Health sind. Die Ergebnisse der Studie, in der eine abgestufte Behandlung mit den Anti-VEFG-Medikamenten Avastin (Bevacizumab) und Eylea (Aflibercept) untersucht wurde, wurden im New England Journal of Medicine veröffentlicht. Sie deuten darauf hin, dass eine spezifische Stufenstrategie, bei der DMÖ-Patienten mit dem preiswerteren Medikament Avastin beginnen und auf das teurere Medikament Eylea umsteigen, wenn sich die Sehkraft nicht ausreichend verbessert, zu ähnlichen Ergebnissen führt wie eine Monotherapie mit Eylea.

„Unsere Studie hat gezeigt, dass ein Wechsel der Behandlung bei Bedarf eine vernünftige Strategie ist", sagte Chirag Jhaveri, M.D., Austin Research Center for Retina, Texas, der Hauptautor der Studie. „Die Krankenkassen verlangen von den Ärzten oft, dass sie mit der kostengünstigeren Behandlung beginnen, deshalb wollten wir sehen, wie sich eine spezifische Behandlungsstrategie mit diesem Ansatz auf die Patientenversorgung auswirkt."

DMÖ wird durch diabetesbedingte Veränderungen der Blutgefäße in der Netzhaut verursacht. Zu den Symptomen gehört verschwommenes Sehen. Unbehandelt kann der Sehverlust dauerhaft werden und bis zur Erblindung führen. Netzhautinjektionen mit Anti-VEGF-Medikamenten können die Sehkraft wiederherstellen. Das DRCR Retina Network hat bereits gezeigt, dass Avastin und Eylea den Visus bei Menschen mit DMÖ verbessern. Während Eylea jedoch von der US-Arzneimittelbehörde FDA zur DMÖ-Behandlung zugelassen ist und im Durchschnitt zu besseren Sehergebnissen führt, ist das nicht zugelassene Avastin wesentlich preiswerter und wird manchmal von den Krankenkassen als Erstbehandlung verlangt. Auch in Deutschland wird Avastin „off-label“ zur DMÖ-Behandlung verschrieben.

Für die Studie wurden an 54 klinischen Zentren 312 Augen von 270 Erwachsenen mit DMÖ und einem Visus-Buchstaben-Score von 24 bis 69 (auf einer Skala von 0 bis 100, wobei höhere Werte einen besseren Visus anzeigen; nach Snellen 20/320 bis 20/50) randomisiert. Sie erhielten entweder 2,0 mg intravitreales Aflibercept oder 1,25 mg intravitreales Bevacizumab. Das Medikament wurde bei der Randomisierung und danach gemäß dem vorgegebenen Wiederholungsprotokoll verabreicht. 

Wenn die Augen, denen Avastin zugewiesen wurde, ab der 12. Woche nicht die vorgegebenen Verbesserungswerte erreichten, wurde das Auge auf Eylea umgestellt. Nach 24 Wochen konnten die Ärzte die Häufigkeit der Injektionen nach Bedarf verringern, um die Sehschärfe zu erhalten. In der Studie wurden zwei Jahre lang Informationen über die Netzhautstruktur und die Sehschärfe der Teilnehmer gesammelt.

Der primäre Endpunkt war die mittlere Veränderung der Sehschärfe über den 2-jährigen Studienzeitraum. Die Dicke des zentralen Subfeldes der Netzhaut und die Sehschärfe nach 2 Jahren sowie die Sicherheit wurden ebenfalls untersucht.

Nach zwei Jahren wiesen die Augen in beiden Gruppen einen ähnlichen Visus auf, wobei sich die Sehschärfe im Vergleich zum Beginn der Studie im Durchschnitt um etwa drei Zeilen verbesserte. In der Avastin-Gruppe wechselten 70 % der Augen während der Studie zu Eylea.

Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (bei 52 % der Patienten in der Aflibercept-Monotherapiegruppe und bei 36 % der Patienten in der Bevacizumab-Erstbehandlungsgruppe) und Krankenhausaufenthalte wegen unerwünschter Ereignisse (bei 48 % bzw. 32 %) waren in der Aflibercept-Monotherapiegruppe häufiger.

„Während die meisten Teilnehmer, die Avastin erhielten, schließlich auf Eylea umstiegen, konnten sie in den ersten Wochen dennoch eine Verbesserung verzeichnen, auch wenn sie unsere vorgegebenen Benchmarks nicht erreichten", sagte Adam Glassman vom Jaeb Center for Health Research und Direktor des Koordinationszentrums des DRCR Retina Network. „Es gibt große Preisunterschiede zwischen diesen Medikamenten, so dass Unterschiede in den Behandlungsstrategien erhebliche Auswirkungen auf die Kosten haben können."

„Wir haben hier eine Methode zur Durchführung einer Stufenbehandlung demonstriert, bei der die Ergebnisse mit dem besten bestehenden Behandlungsprotokoll mit Eylea vergleichbar sind", sagte Jennifer Sun, M.D., M.P.H., vom Joslin Diabetes Center und der Harvard Medical School, Boston, und Vorsitzende der Diabetes-Initiativen für das DRCR Retina Network. „Jedes Mal, wenn wir den Werkzeugkasten eines Arztes erweitern können, sei es durch ein neues Medikament oder einen neuen Ansatz für die Anwendung bestehender Medikamente, wie in dieser Studie, ist das ein Vorteil für die Patienten".

Quellen: 
National Eye Institute (NEI)
New England Journal of Medicine