Leistungsobergrenze bei Jobsharing ‒ drum prüfe rechtzeitig, wer sich ewig bindet …

Praxen mit Jobsharing werden mit Leistungsobergrenzen (LOG) belegt, und zwar durch den Zulassungsausschuss. Einwände gegen eine LOG müssen gegenüber diesem geltend gemacht werden. Wurde die LOG akzeptiert, kann sich die Arztpraxis im Nachhinein nicht mehr auf deren Rechtswidrigkeit berufen ‒ etwa für den Fall, dass die Kassenärztliche Vereinigung (KV) wegen Überschreitung der Obergrenze eine Berichtigung des ärztlichen Honorars vornimmt.

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Das hat das Bundessozialgericht (BSG) in einem aktuellen Urteil klargestellt. Praxen sollten daher bereits bei erstmaliger LOG-Festsetzung durch den Zulassungsausschuss genau prüfen, ob die Festsetzung korrekt erfolgte (Urteil vom 21.07.2021, Az. B 6 KA 12/20 R).

Hintergrund: Jobsharing in gesperrten Planungsbereichen

Das Jobsharing bietet eine Möglichkeit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung, wenn ein Planungsbereich für weitere vertragsärztliche Zulassungen gesperrt ist. Ein zugelassener Vertragsarzt „teilt“ sich in diesem Fall seine Zulassung mit einem weiteren Arzt der gleichen Arztgruppe unter Verpflichtung zur Einhaltung einer bestimmten LOG. Dieses Modell wird immer stärker nachgefragt, sei es im Rahmen einer Praxisübergabe oder zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. 

 Die erstmalige Festlegung der LOG für das erste Leistungsjahr des Jobsharings erfolgt durch den Zulassungsausschuss (im Regelfall auf Basis des Abrechnungsvolumens im jeweiligen Vorjahresquartal zzgl. drei Prozent des Fachgruppendurchschnitts). Für die weiteren Leistungsjahre erfolgt eine Anpassung der LOG durch die KV mittels eines sogenannten Anpassungsfaktors. Die Jobsharing-Praxis kann einen Antrag auf Neufestsetzung der LOG stellen, wenn z. B. Änderungen des EBM spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben ‒ zuständig ist ebenfalls der Zulassungsausschuss. 

Die KV prüft die Einhaltung der LOG und nimmt bei Überschreitung ggf. (unmittelbar mit der Honorarfestsetzung oder nachträglich) eine sachlich-rechnerische Richtigstellung vor.

Sachverhalt

Das BSG hatte über eine durch die KV erfolgte sachlich-rechnerische Berichtigung in Höhe von ca. 230.000 Euro zu entscheiden. Der Zulassungsausschuss hatte der klagenden Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) im Jahr 1997 die gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit im Jobsharing genehmigt und eine gemeinsame ‒ nach mehreren Rechtsstreitigkeiten letztlich verbindliche LOG ‒ festgesetzt. 

 Die beklagte KV nahm im Jahr 2009 eine sachlich-rechnerische Berichtigung für den Zeitraum von 2004 bis 2007 wegen der Überschreitung der LOG vor. Hiergegen wandte sich die Arztpraxis und begehrte eine Anhebung der LOG wegen eines lokalen Sonderbedarfs und wegen der Strukturveränderungen durch die Einführung des EBM 2000+ ‒ im Ergebnis allerdings ohne Erfolg. 

Entscheidungsgründe

Das BSG stellte klar, dass die einmal vom Zulassungsausschuss festgelegten LOG sowohl für die Klägerin als auch die beklagte KV (und auch die Gerichte) bindend sind. Auch für einen Antrag auf Neubestimmung der LOG ist allein der Zulassungsausschuss zuständig, sodass die Argumente der Arztpraxis in dem KV-Verfahren wegen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung nicht mehr durchgreifen konnten. 

 Im Übrigen seien auch die von der KV ermittelten Anpassungsfaktoren korrekt gewesen. Insbesondere ist es nach Ansicht des BSG nicht zu beanstanden, wenn die KV hierbei Differenzierungen innerhalb einer Arztgruppe vornimmt. Dies sei sachgerecht, weil damit die Wachstumsmöglichkeit der Jobsharing-Praxis enger an ihr tatsächliches Leistungsspektrum angebunden werde. 

Praxistipps: 

Prüfen Sie die Höhe der für Ihre Praxis festgelegten LOG unmittelbar nach Bekanntgabe. 
Unterschreiben Sie eine vom Zulassungsausschuss ggf. geforderte Verpflichtungserklärung zur Einhaltung der LOG nur dann, wenn Sie mit der Höhe einverstanden sind. 
Einwände müssen Sie fristgemäß gegenüber dem Zulassungsausschuss geltend machen. Sind Sie der Meinung, dass die einst festgelegte LOG nicht mehr sachgerecht ist, sollten Sie sich ebenfalls an den Zulassungsausschuss wenden. 
Wichtig: Ist die Höhe der LOG streitig, vergessen Sie nicht, parallel gegen eine ggf. von der KV erfolgte sachlich-rechnerische Berichtigung Widerspruch einzulegen.

RAin, FAin für MedizinR Constanze Barufke, D+B Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin