Netzhaut-Organoide – Pfizer Forschungspreis für Cameron S. Cowan und Magdalena Renner

Cameron Cowan und Magdalena Renner ist es weltweit erstmalig gelungen, eine Nachbildung der menschlichen Retina zu züchten. Dafür wurden sie mit einem der bedeutendsten Schweizer Forschungspreise im Bereich Medizin ausgezeichnet – dem Pfizer Forschungspreis.

© Stiftung Pfizer Forschungspreis
© Stiftung Pfizer Forschungspreis

Die menschliche Retina ist ein aus mehreren Schichten aufgebautes, hochkomplexes System mit unterschiedlichen Zelltypen, die dafür sorgen, dass Lichtreize aufgenommen, verarbeitet und weitergeleitet werden. Bislang blieben weltweit alle Versuche, eine funktionsfähige Retina entstehen zu lassen, erfolglos.

Auch Cameron S. Cowan, Magdalena Renner und ihr Team am Institute of Molecular and Clinical Ophthalmology Basel (IOB) und am Friedrich Miescher Institute for Biomedical Research (FMI) arbeiten schon seit mehreren Jahren in diesem Bereich. Jetzt ist es ihnen weltweit erstmalig gelungen, Nachbildungen der menschlichen Retina zu züchten, sogenannte Netzhaut-Organoide. Sie bestehen aus mehreren Schichten und reagieren auf Licht in gleicher Weise wie das „Original“.

Dafür wurden sie jetzt mit einem der bedeutendsten Schweizer Forschungspreise im Bereich Medizin ausgezeichnet – dem Pfizer Forschungspreis in der Kategorie „Neurowissenschaften und Erkrankungen des Nervensystems“. Verliehen wird der Preis seit 1992 jährlich an junge Wissenschaftler:innen, die an Schweizer Forschungsinstituten oder Kliniken forschen. Die Preisvergabe zielt auf herausragende und zukunftsweisende Beiträge in der Grundlagenforschung und in der klinischen Forschung.

Für die Entwicklung der Netzhaut-Organoide verwendeten die Forschenden Haut- oder Blutproben von gesunden Spender:innen. Sie versetzten die Zellen aus diesen Proben zunächst in einen Stammzell-ähnlichen Zustand und züchteten aus diesen Stammzellen anschließend die Netzhaut-Organoide. Diese wiesen nach 38 Wochen viele derselben Zelltypen auf wie die Retina eines erwachsenen Menschen. Um jedoch die Neuzüchtungen mit dem «Original» überhaupt vergleichen zu können, betraten die Forschenden wiederum Neuland. Sie entwickelten eine Technik, mit der es erstmals gelang, menschliche Netzhaut von Verstorbenen über längere Zeit funktionsfähig und lichtempfindlich erhalten zu können. Überdies generierten sie einen umfangreichen Atlas, mit dem sich Gen-Muster der Zellen in den Organoiden mit denen menschlicher Netzhäute vergleichen lassen.

Mit den neuen Mini-Organen konnten die Forschenden auch zeigen, dass Gene, welche mit Netzhauterkrankungen in Verbindung stehen, in den gleichen Zelltypen aktiv sind wie in der Netzhaut von Erwachsenen. 

Somit sind Organoide ein vielversprechendes neues Instrument, um Netzhautdegeneration in Zellkultur zu untersuchen. Da die Netzhaut-Organoide aus Hautbiopsien oder Blut von individuellen Patient:innen entwickelt werden, besteht die Hoffnung, in Zukunft maßgeschneiderte Behandlungen zu entwickeln. Das könnte für die Forschung bei Netzhauterkrankungen ein entscheidender Vorteil sein.

Quelle: Stiftung Pfizer Forschungspreis

Cell Types of the Human Retina and Its Organoids at Single-Cell Resolution